An der Seite der Menschen bleiben

Für Pfarrer Heinrich Afflerbach beginnt der Ruhestand

Das Vorbereitungsteam aus (v.l.): Michael Richter, Kornelia Heitmann, Petra Schaffner, Karl Lampe, Jolanta Bajorinaité und Jörg Zeidler sorgte mit einer kreativen Idee dafür, dass sich die Menschen der Kirchengemeinde Ennigerloh unter Einhaltung der AHA-Regeln der Pandemie von ihrem Pfarrer Heinrich Afflerbach (Mitte) verabschieden konnten. Fotos: privat

Ennigerloh. Für vielfältige Begegnungen und für das Vertrauen, das ihm die Menschen in Ennigerloh in den vergangenen 31 Jahren entgegengebracht haben, sei er dankbar, sagte Pfarrer Heinrich Afflerbach in einem Interview anlässlich seiner Verabschiedung in den Ruhestand. Auch die enge kollegiale Zusammenarbeit mit Haupt- und Ehrenamtlichen der Kirchengemeinde in guten wie in schwierigen Zeiten habe zu einer guten Atmosphäre beigetragen, betonte er. 
Als er im März 1990 in Ennigerloh als Pfarrer angefangen habe, hätte er nicht gedacht, so lange zu bleiben. Aber: „Ennigerloh hat mich gehalten“, sagte der 65-Jährige und hält ihn weiterhin. Im Ruhestand wird er weiter in Ennigerloh wohnen und merkt an: „Ich bleibe in einer der interessantesten Städte, die ich kenne.“ Auch weil er schätzt, dass Ennigerloh „eine Stadt mit vielen Zugezogenen ist.“ Hier leben Menschen aus vielen Nationen zusammen: Flüchtlinge aus zwei Weltkriegen, Menschen aus der ehemaligen Sowjetunion oder der ehemaligen DDR, Menschen aus dem europäischen Ausland oder solche, die die so genannte Flüchtlingskrise nach Deutschland gebracht hat. Er erlebte und erlebt Ennigerloh als weltoffen und möchte auch deshalb bleiben. Dass er weiterhin in der Nähe lebt, freut wohl nicht nur seine Tochter Ragna. Allerdings hat er sich fest vorgenommen, sich aus der Gemeinde zurückzuziehen, um der Gemeinde zu signalisieren, dass er nicht mehr zuständig ist, und um einem Nachfolger den Weg zu öffnen.
Zu Beginn seines Berufslebens hat Heinrich Afflerbach räumliche Distanz überwunden. Geboren wurde er in Wittgenstein. Nach dem Abitur studierte er Evangelische Theologie in München und Göttingen; unterbrochen wurde sein Studium durch den Zivildienst bei einem gemeinnützigen Fahrdienst in Göttingen Anfang der 1980er Jahre. Da habe er u.a. Menschen mit Behinderungen zu ihren Werkstätten gefahren oder Essen auf Rädern verteilt. Diese Begegnungen mit Menschen, für die er häufig der einzige Kontakt am Tag war, hätten ihn nachhaltig geprägt.  
Für das Vikariat in der westfälischen Landeskirche zog er ins Ruhrgebiet in den Ev. Kirchenkreis Hattingen-Witten. Sein Schulvikariat absolvierte er an einer Hauptschule. Auch die Zeit seines Hilfsdienstes, wie der Probedienst in den 1980er und 1990er Jahren hieß – verbrachte er im Ruhrgebiet. Am 31. März 1990 übernahm er die Pfarrstelle in Ennigerloh. 
Seine Arbeit in Ennigerloh beschreibt Afflerbach als interessant und herausfordernd. Sowohl die Gründung der ökumenischen Friedhofskommission in den Jahren 2001/2002 sowie die Schaffung der Struktur für diese, als auch die Eingliederung Ennigers (vorher Kirchenkreis Hamm) in die Kirchengemeinde Ennigerloh und somit in den Kirchenkreis Gütersloh im Jahr 2004 sind nur zwei Beispiele, die so Afflerbach eine "strukturelle Herausforderung" mit sich gebracht hätten. Afflerbach lässt im Interview auch die Vorbereitungen für den Kirchentag sowie eben diesen im Jahr 2008 Revue passieren. "Der Kirchentag war ein herausragendes Ereignis", erinnert sich Afflerbach. Es war der vierte Regionale Kirchentag der Westregion des Ev. Kirchenkreises Gütersloh (Beckum, Ennigerloh, Neubeckum, Oelde und Wadersloh), der intensive, gemeinsame Vorbereitungen mit sich brachte und einen bemerkenswerten Beitrag für das Zusammenleben in der Stadt und in der Ökumene darstellte. 
Für sich persönlich sieht er einen wichtigen Schwerpunkt in der Seelsorge. Als er sich für den Pfarrberuf entschieden habe, habe er mit Menschen zu tun haben wollen. Das sei leider im Alltag bei vielen Aufgaben in der Verwaltung einer Kirchengemeinde auch mal zu kurz gekommen. „Das Menschliche darf der Kirche nicht verloren gehen. Seit Gott in seinem Sohn Jesus Christus Mensch geworden ist, ist der von Gott geliebte Mensch das Maß aller Dinge hier auf Erden.“ Weil das seine Überzeugung ist, wird er in Zukunft als ehrenamtlicher Notfallseelsorger im Kreis Warendorf an der Seite von Menschen in Not bleiben.
Nun beginnt sein Ruhestand ausgerechnet in Zeiten der Corona-Pandemie. Die Begegnungen und die guten Wünsche müssen nun mit Abstand stattfinden. Das auch zu Pandemiezeiten ein schöner Abschied gestaltet werden kann, stellten die vielen kreativen Köpfe des Orgateams um Gemeindesekretärin Petra Schaffner, Kornelia Heitmann, Finanzkirchmeisterin und Vorsitzende des Presbyteriums, sowie die Gemeindeglieder unter Beweis. Wochen zuvor plante das Team um Schaffner einen Autokorso - von all dem ahnte Pfarrer Afflerbach nichts. Wegen des angekündigten schlechten Wetters wurde die Aktion kurzfristig, in Abstimmung mit dem Fachbereich Ordnung und Soziales der Stadt Ennigerloh, in die Versöhnungskirche verlegt. Die Gemeindeglieder fuhren im Auto vor und gingen, entweder als Familienverbund oder als Einzelperson zu Pfarrer Afflerbach in die Kirche um sich mit persönlichen Worten – auf  Abstand – zu verabschieden.
Afflerbach freute sich über die gelungene Überraschung und genoss die Verabschiedung aus einem Ruhesessel am roten Teppich neben einem gedeckten Tisch. Er sei dankbar, dass ihm trotz der Pandemie ein Abschied wie dieser ermöglicht worden sei und betonte: "Wenn man vorsichtig ist, schafft man eine Menge – auch in der Pandemie.“        (fra)