Bis ans Ende der Welt – Globalisierung früher und heute

Claudia Montanus, Verbands- und Bildungsreferentin der Frauenhilfe in Westfalen, informierte fast 40 Frauen in der Bartholomäus-Gemeinde multimedial

Claudia Montanus, Verbands- und Bildungsreferentin der Frauenhilfe in Westfalen, informierte fast 40 Frauen in der Brackweder Bartholomäus-Gemeinde multimedial zum Thema Globalisierung. Fotos: CG

Mit viel Engagement und Freude stürzten sich die Frauen in das große Thema. Anhand von eigenen Reisezielen knüpften sie ein sehr persönliches weltweites Netz.

BRACKWEDE – Einer Andacht über die drei heiligen Könige aus der Weihnachtsgeschichte folgten in einer dreistündigen Begegnung mit dem Thema Globalisierung ein Impulsreferat, Quizfragen, Interaktion, Lieder, Austausch, einen Kurzfilm und Tanz. Fast 40 teilnehmende Frauen visualisierten anhand von Gold, Weihrauch und Myrrhe die Vernetzungen und weiten Wege. Globalisierung gab es schon zu biblischen Zeiten. Die These, dass die Welt ein Dorf ist, ließ die Frage entstehen: Was hat das Ganze mit mir zu tun?

Claudia Montanus vom Landesverband der Frauenhilfe in Soest stellte die Ziele der Christlichen Initiative Romero (CIR) an den Anfang des nächsten Erfahrungsschrittes: „Unsere Vision ist eine gerechte, solidarische Welt, in der ein gutes Leben für alle möglich ist. Es ist eine Welt frei von Diskriminierung und Gewalt, die von einer vielfältigen Gesellschaft getragen wird. In dieser Welt steht der Mensch im Mittelpunkt eines anderen Wirtschaftssystems, das allen Zugang zu würdiger Arbeit bietet und die natürlichen Lebensgrundlagen erhält.“

Anhand eigener Reiseziele und -erfahrungen erzählten sich Frauen im Gespräch mit der Hilfe großer Weltkarten von besonderen Reiseeindrücken und den Verwandlungen im eigenen Leben durch den Kontakt mit anderen Kulturen. Schnell wurden internationale Verflechtungen in vielen Bereichen wie der Wirtschaft, in Politik und Kultur, der Umwelt und bei weltumspannender Kommunikation klar und wie rasant alle diese Möglichkeiten zunehmen zwischen Individuen, Gesellschaften, Institutionen und Staaten.

Eine inhaltliche Vertiefung lag sofort auf der Hand: Woher stammt die Kleidung, die ich trage? CIR setzt sich zusammen mit mehreren Bündnissen für fair gehandelte und produzierte Kleidung weltweit ein. Dabei geht es auch immer um umweltfreundliche Produktionsschritte und eine faire Behandlung von allen am Prozess beteiligten Arbeitskräften.

Im erneuten Plenum machten sich die Frauen klar, wie und in welchen Bereichen jede einzelne von der Globalisierung profitiert. Natürlich fiel sofort wieder die Reisefreiheit, aber auch der Konsum von exotischen Früchten, auch im Winter, sowie die Verfügbarkeit von Waren zu günstigen Preisen aus aller Welt und einer weltweiten Kommunikation auf. Vor der Kaffeepause ging es dann auch um die Nachteile und Gefahren von Globalisierung: Eine zunehmende Verunsicherung durch hohe Komplexität – „Wer blickt da noch durch, wo was wie hergestellt wurde?“ Ökologische Schäden etwa durch massiven Kerosin-Verbrauch und den entsprechenden CO2-Ausstoß zeigen bedrohliche Ausmaße des weltweiten Geschehens. Billiglöhne in Ländern wie Kambodscha bringen Ausbeutung von Arbeiterinnen mit sich und die Produktion von preiswerten Handys erfordert Kinderarbeit etwa beim Abbau von Edelmetallen in Minen.

Frisch gestärkt ging es weiter mit der Frage: Hauptsache billig? Wie sieht es eigentlich aus mit unserem Einkaufs- und Konsumverhalten? Möglichst alle Obst- und Gemüsesorten sollen ganzjährig im Supermarkt zur Verfügung stehen und das möglichst preiswert. Hosen, Röcke, T-Shirts, Blusen, Schuhe – möglichst modern und es darf auch mal ein Stück mehr sein, als wir brauchen. Alle zwei bis vier Wochen gibt es neue „Saisonartikel“ – die aktuelle Mode ist nach dieser Zeit überholt und es werden neue Shirt-Moden auf den Markt gebracht, die der Kundin signalisieren: Was du im Schrank hast, ist längst out. Damit verbunden sind ein erhöhtes Produktionstempo und ein wachsender Druck auf die Näherinnen. Um dort mitzuhalten, verlagern Konzerne ihre Produktionsstätten immer wieder in andere Länder: Länder, in denen die Löhne noch niedriger, menschenunwürdiger sind. Damit der Endpreis noch mal unterboten werden kann.

Am Beispiel des Kurzfilmes „Der Weg einer Jeans“ konnten die Frauen die ganze Wucht der Zerstörung und Ungerechtigkeit von textilem Produzieren und Handeln sehr eindrücklich wahrnehmen. Claudia Montanus zeigte nach dem Film auf: Regierungen müssen etwas tun. Doch auch wir können etwas tun. Denn allesind als Konsument*innen beteiligt daran, wie die Nachfrage nach Produkten ist. Wir können vielfach entscheiden, wo und wie viel wir kaufen und zu welchen Preisen. Wir können uns informieren über Hintergründe eines 3,99 €-T-Shirts und durch unser Konsumverhalten moderne Sklaverei zu vermeiden helfen – oder eben fördern.
Als Christinnen sind wir gerufen, verantwortungsvoll mit Mensch und Natur umzugehen.

Abschließend erarbeiteten die Frauen im Plenum die kleinen aber wirkmächtigen Schritte, die jeder und jede alltäglich gehen können durch: Den Kauf von fairen Produkten, einem bescheideneren Lebenswandel, Kleidung auch einmal im Second-Hand-Shop kaufen, Reparieren statt Wegwerfen, sich Tauschbörsen anschließen, Lebensmittel ohne Verpackungen einkaufen, bei Warenkauf die Arbeitsbedingungen nachfragen, sich Kampagnen anschließen. Die Macht der Konsumentinnen wirkt, je mehr sich beteiligen!

Im gemeinsamen Kreistanz bestärkten sich die Teilnehmenden mit dem Lied „Vertraut den neuen Wegen“. Ein sehr informativer und aufrüttelnder Nachmittag ging zu Ende.         (CG)