„Dank konservativer Planungen können wir das verkraften“

Vizepräsident Dr. Arne Kupke legt Haushaltsplan 2021 vor / 510 Millionen Euro erwartet

Dr. Arno Kupke (Foto: EKvW)

Westfalen/Bielefeld. Die finanzpolitischen Auswirkungen der Corona-Pandemie treffen auch die westfälische Landeskirche hart. Daran lässt Dr. Arne Kupke in seiner Haushaltsrede am Montagabend (16.11.) vor der westfälischen Landessynode, die in diesem Jahr pandemiebedingt ausschließlich digital tagt, keinen Zweifel. Aber der Juristische Vizepräsident der Evangelischen Kirche von Westfalen (EKvW) hat auch gute Neuigkeiten: „Die Wirtschaft zeigt in vielen Sparten Erholungssignale und unser Kirchensteuerrückgang bleibt wohl unter zehn Prozent.“

Ein Defizit von rund 50 Millionen Euro seien zwar hart, so Kupke, aber „weil wir seit unserer Kirchenfinanzkrise (2004/2005) streng konservativ planen, können wir das verkraften“. Und er hofft: „Zu schön, um wahr zu sein, wenn sich in 2021 die Wirtschaft allgemein erholte, die Kurzarbeit endete und die Künstler wieder spielten.“ Die tatsächlichen finanzpolitischen Auswirkungen der Corona-Pandemie vermag derzeit aber niemand vorauszusehen. Der konsequente Sparkurs der Landeskirche geht also weiter, wird sogar noch verschärft. Und aus der Not wird eine Tugend gemacht, denn mittelfristig geplante Strukturveränderungen und Aufgabenklärungen haben eine ungeahnte Dynamik entwickelt: „Alle Arbeitsbereiche auf der landeskirchlichen Ebene, also die landeskirchlichen Dezernate, Institute, Ämter und Werke haben auf der Grundlage von Rahmenvorgaben zum Teil umfangreiche und differenzierte Überlegungen im Blick auf strukturelle und organisatorische Weiterentwicklung, Reduktion oder veränderte Zuordnung von Aufwänden und Erzielung zusätzlicher Erträge vorgelegt“, freut sich Kupke. Konkretes Einsparpotenzial ergibt sich vor allem im Bereich der Personalausgaben im Landeskirchenamt und bei Schwerpunktsetzungen im Bereich Weltmission und Ökumene.

Sondermittel für die Arbeit für und mit Geflüchtete(n)
Die seit 2015 immer wieder bewilligten Sondermittel für Flüchtlingsarbeit werden laut Beschluss der Landessynode 2018 ab dem kommenden Haushaltsjahr zwar schrittweise reduziert und im Jahr 2023 planmäßig auslaufen – aber die Förderung der Arbeit für und mit Geflüchtete(n) geht langfristig weiter. Ab 2024 wird sie sogar mit jährlich 166.000 Euro für „exemplarische und innovative migrationspolitische Projekte“ fest im gesamtkirchlichen Haushalt verankert. Zusätzlich wird ab 2022 für die Dauer von zunächst fünf Jahren eine Stelle „Assistenz zur Begleitung von Kirchenasylfällen“ errichtet und finanziert.

Haushaltsplanung 2021 – von der Kameralistik zur Doppik
Der Planung für das Haushaltsjahr 2021 liegt ein voraussichtliches Kirchensteueraufkommen von 510 Millionen Euro zugrunde: 498,4 Millionen Euro fließen im kommenden Jahr u.a. in die Verteilung an die Kirchenkreise, in die Pfarrbesoldung, den Allgemeinen Haushalt der Landeskirche und in gesamtkirchliche Aufgaben. Darunter: die o.g. Arbeit mit Geflüchteten; Fundraising und Mitgliederbindung; der Bereich Umgang mit Verletzungen der sexuellen Selbstbestimmung (UVSS); sowie das NKF Competence Center (NCC), das die landeskirchenweite Umstellung von der kameralistischen zur doppischen Buchführung begleitet. Die Landessynode verabschiedet den Haushaltsplan 2020 voraussichtlich am Mittwochabend (18.11.).
Anlage: Finanzfakten 2021 (Entwurf!)

Die Haushaltsrede im Wortlaut und weitere Infos unter: www.landessynode.de

Stichwort: Neues Kirchliches Finanzmanagement (NKF) – von der Kameralistik zur kirchlichen Doppik
Ausgangslage für die Einführung des NKF ist der Beschluss der Kirchenleitung vom 15. März 2007 zur Umstellung des Haushalts- und Rechnungswesens aller Rechtsträger der Evangelischen Kirche von Westfalen (EKvW) von der Kameralistik auf die kirchliche Doppik unter Verwendung einer einheitlichen Software.
Entscheidender Faktor für die Finanzkraft der EKvW ist die Mitgliederentwicklung (sinkende Mitgliederzahlen) und die angespannte Haushaltssituation (Faktoren z.B. Arbeitslosigkeit, Lohnzuwächse, Steuern, Zinsen,
Demografie, etc.). Um sich über diese Grundlagen ein klareres Bild zu verschaffen, um Ressourcen zu erkennen, darzustellen und generationenübergreifend effizient zu nutzen, wird die Umstellung einer Ist- zu einer Sollbuchführung vollzogen.
Kameralistik (lateinisch camera = „Zimmer/Gewölbe“, hier in etwa „fürstliche Schatztruhe“), ist ein Verfahren der Buchführung, entwickelt 1762 vom österreichischen Hofrat Johann Mathias Puechberg. In der kameralen Buchführung soll vor allem die Ausführung des Haushaltsplanes nachgewiesen werden – Zahlungsströme stehen hier mehr im Mittelpunkt. Planrechnungen werden auf Basis von Prognosen erstellt.
Doppik steht für „doppelte Buchführung“: Doppelte in Konten. Diese sogenannte „kaufmännische Buchführung“ zeichnet sich aus durch ein Haushaltsbuch, durch Kosten- und Leistungsrechnung. In der Doppik werden das bewertete Vermögen und der Schuldenstand, erweitert um das Jahresergebnis, dargestellt. Das ermöglicht den Einsatz betriebswirtschaftlicher Anwendungen wie Controlling, Kostenrechnung und Liquiditätsmanagement.
Weitere infos unter nkf.ekvw.de

Die Landessynode, in der die 476 Gemeinden vertreten sind, ist das höchste leitende und gesetzgebende Gremium der Evangelischen Kirche von Westfalen. Unter Leitung der Präses kommen die 191 Mitglieder des „Kirchenparlaments“ einmal jährlich zusammen. 165 Synodale einschließlich Kirchenleitung sind gewählt, 22 berufen oder entsandt. Von den 165 stimmberechtigten Synodalen sind 68 Theologen und 97 Nichttheologen. Hinzu kommen 26 beratende Mitglieder. Die Synode tagt in diesem Jahr pandemiebedingt erstmals ausschließlich digital.