Das Licht der Welt

Weihnachtsgruß von Pfarrer Frank Schneider, Superintendent des Ev. Kirchenkreises Gütersloh

„Auf der Suche nach dem Licht der Welt“ – 79. Telgter Krippenausstellung, 9.11.2019-26.01.2020, Religio – Westfälisches Museum für religiöse Kultur. Werk der Künstlerin Christa Tenkmann: Jesus ist das Licht der Welt, Nächstenliebe der Weg. Foto: © Stephan Kube, Greven

Liebe Leserinnen und Leser!

Dieses besondere Jahr hat mir deutlich gemacht: 
Ich kann kontaktlos bezahlen. Aber ich kann nicht kontaktlos leben. Auch das erste Weihnachten war nicht kontaktlos. Maria und Josef auf Herbergssuche. Die Hirten auf dem Felde. Die Weisen. Ganz viele Erstkontakte. 

Jesus ist das Licht der Welt. Nächstenliebe der Weg. 
So hat die Künstlerin Christa Tenkmann ihre Krippendarstellung beschrieben. 
Kein Ochs und Esel, keine Hirten auf dem Felde sind zu sehen, sondern die Weltkugel als zartes Drahtgespinst. Und Jesus, das Gottes- und Menschenkind in der Mitte unserer Welt – voller Licht. Flauschig gebettet. Die Hände erhoben.
Ist es ein Segen? Oder eine Geste: Nimm mich in den Arm. Berge mich in deinem Leben.  
Auf jeden Fall: Ein Gotteskind, das Kontakt sucht. Später wird sich dieses Gotteskind auf den Weg machen und Menschen zur Nächstenliebe ermutigen. Menschen, die einander Halt geben und trösten. Anderen aufhelfen. Menschen, die Gaben teilen und Armut lindern. Menschen, die nicht müde werden, im Alltag der Welt nach Frieden und Gerechtigkeit zu suchen.

Es war ein Jahr, in dem wir Distanz einüben mussten, was oft doch gar nicht geht. In der Pflege und Betreuung der Kinder und Alten, der Kranken und Sterbenden, da bedarf es doch der Begleitung und Nähe. 
Von dieser heilsamen Nähe hören wir am Heiligen Abend. Gott nimmt Wohnung unter uns: Hoffnung und Liebe nisten sich ein in der Welt. Gottes Liebe bleibt nicht auf Distanz. 
Das gilt: Für unser Land, für unsere Weltgemeinschaft, für die Nächsten und die Fernen. Für dich und mich ganz persönlich. Auf den Geburtsstationen und den Intensivstationen. Das gilt in der Dunkelheit der Heiligen Nacht und für alle Nächte. 
Jesus ist das Licht der Welt: Eine Welt, die den Schimmer seiner Heiligkeit trägt und im Takt seines Herzschlags lebt. Gottes Liebe funktioniert nicht kontaktlos. Seine Liebe sucht uns Men-schen – und wir finden Gottes Liebe in einem Kind in der Krippe. 
Ob sich Weihnachten bei uns ereignet, hängt nicht davon ab, mit wie vielen Haushalten wir feiern können, ob wir in den Gottesdienst gehen können oder nicht. Gottes Liebe zu uns ereignet sich völlig unerwartet – auf dem heimischen Sofa oder in einem armseligen Stall am Rande der Welt. 

So gehen wir in diese Weihnachtstage des Jahres 2020. Mit mancher persönlicher Sorge, mit Kontaktbeschränkungen. Dennoch dürfen wir das Leben feiern alleine oder mit anderen, viel-leicht etwas auf Distanz, aber hoffentlich nicht ohne Kontakt. Wir dürfen wehmütig oder ab-grundtief traurig sein, dürfen fröhlich und ausgelassen sein oder einfach erschöpft – so wie ist, ist es gut. 

Denn: Euch ist heute der Heiland geboren – das Licht der Welt, das unsere Finsternis durch-bricht, dem Hass ein Ende setzt und Leben, das den Tod überwindet. 

Bleiben Sie behütet.


Ihr
Pfarrer Frank Schneider
Superintendent des Ev. Kirchenkreises Gütersloh