„Dem Himmel so nah, der Erde verhaftet“

Bis 30. August: Installation von Luise Krolzik in der Martin-Luther-Kirche

Die Bielefelder Künstlerin Luise Krolzik ist mit ihrer Schaufensterpuppe Maria samt Rollstuhl sogar nach Venedig gereist. Foto: Kerstin Jacobsen

Gütersloh. Eine reglose Frauengestalt, verborgen unter einer Decke. Mit blutroter Farbe besudelte Kinderpuppen in einem Waschzuber. Nackte Barbies, gefangen im goldenen Käfig. Mehr braucht es nicht, um im Kopfkino einen verstörenden Film ablaufen zu lassen, dunkle Bilder, die von Gewalt, Missbrauch und Tod erzählen.

Die Ausstellung von Luise Krolzik, die derzeit in der Gütersloher Martin-Luther-Kirche gezeigt wird, ist wahrhaftig keine leichte Kost. „Dem Himmel so nah, der Erde verhaftet“, hat sie ihre Rauminstallation genannt. Sie gehört zu den Beiträgen, mit dem sich die Evangelische Kirchengemeinde Gütersloh mit dem Themenjahr „Bild und Bibel“ im Vorfeld des 500-jährigen Reformationsjubiläum 2017 auseinandersetzt.


Krolzik gefällt es, in Kirchen auszustellen. „Als Künstlerin bin ich ja auch Christin“, sagt sie. Und so erstaunt es nicht, dass zwei biblische Frauengestalten in dieser Installation eine zentrale Rolle spielen. Lukas berichtet im zehnten Kapitel seines Evangeliums von Maria und Martha: Während Martha geschäftig ihren Gast - Jesus – umsorgt, setzt sich Maria zu seinen Füßen und hört ihm zu.


Sind dies zwei Menschentypen, geht es um das Verhältnis von Mann und Frau oder um Anteile einer jeder Persönlichkeit? Was bedeutet das Schachbrett unter dem Vogelkäfig? Was die Frauenbeine mit High Heels, die aus einer Art Brunnen ragen? Angesichts des von der Galerie hängenden glänzenden Kinderrads mag man an unbeschwerte Kindertage denken, das kopflose Kind auf der Schaukel lässt erschauern. Dazu erklingt Herman van Veens „Kleiner Fratz“ oder Heintjes „Ich bau dir ein Schloss“ vom Band.


Luise Krolzik selbst hält sich mit Deutungen zurück, will die Betrachter ihre eigenen Auslegungen finden lassen. Die reichlich verwendeten Spiegel werfen die Besucher dabei immer wieder auf sich selbst zurück.


Die Auswahl und Anordnung der einzelnen Objekte mag manchmal zufällig wirken, ist aber genauestens durchdacht. Oft trügt auch der auf den ersten Blick traurige Schein: So sitzt Maria zwar im Rollstuhl, da der Schaufensterpuppe aber die Beine fehlen, macht er sie mobil. Im nahen Brunnen plätschert Wasser, Symbol der Reinigung und des ewigen Lebens in Christus, die die Taufe verheißt. Darauf verweist auch das alte Gruppenwaschbecken aus einer Industrieruine im Chorraum und der silbrig schimmernde Stoff, der sich vom Altar und aus der Muschel des Taufengels ergießt.


Eine verheißungsvolle Tafel ist im Chorraum gedeckt: Statt Teller und Besteck warten Kerzen und Kronen auf die Gäste. „Durch Jesus sind wir alle Königskinder“, sagt Krolzik.


„Dem Himmel so nah, der Erde verhaftet“ ist bis zum 30. August geöffnet: mittwochs bis freitags von 13 bis 18 Uhr sowie samstags von 10 bis 14 Uhr. Der Eintritt ist frei. Am Sonntag, 2. August, gibt es um 16 Uhr eine Führung. Am Samstag, 8. August, gibt Harald Bellmann um 20 Uhr ein Jazz- und Blueskonzert. Und am Samstag, 29. August, ist die Jazzpianistin Johanna Borchert ab 20 Uhr zu Gast.

kj