Der Prozess Jesu erlebbar und nachvollziehbar

Drei Vorstellungen am Karfreitag im Bibeldorf

Rund 130 Ehrenamtliche des Bibeldorfes Rietberg schlüpfen in die Rolle der Israeliten, die in Jerusalem den Tod Jesu fordern.

Werner Linke (links): „Ich wusste sofort, dass ich Pontius Pilates als einen gelangweilten Mann spielen würde. Den ödet das alles nur an.“

Die Frauen finden am Ostermorgen das Grab leer vor. Sie berichten den Gästen des Bibeldorfes im „Prozess Jesu“ von ihrem Entsetzen und Erstaunen darüber. Fotos: Bibeldorf

RIETBERG – „Weg mit ihm!“ „Nein, gibt uns Jesus!“ Laute Rufe, zunächst Stimmenwirrwarr, dann eindeutiges Skandieren eines Namens: „Barrabas, Barrabas!“. Ungewöhnliche Töne in der Basilika des Bibeldorfes Rietberg. Dann Stille, denn Werner Linke (71) alias Pontius Pilatus hat mit einer heftigen Armbewegung alle zum Schweigen gebracht. Zum dritten Mal spielt er am Karfreitag in diesem Jahr den römischen Statthalter in der Passionsgeschichte „Der Prozess Jesu“. Erlebbar und nachvollziehbar setzen rund 130 Laiendarstellerinnen und -darsteller unter der Regie von Eva und Dietrich Fricke die Geschehnisse um Tod und Auferstehung Jesu in Szene.

Mit dieser szenischen Inszenierung haben die Ehrenamtlichen des Bibeldorfes vor drei Jahren an den Erfolg des Weihnachtsanspieles „Auf dem Weg nach Bethlehem“ angeknüpft. Beim Prozess Jesu mischen sich die Laienschauspielerinnen und –schauspieler unter die bis zu 120 Besucherinnen und Besucher und schlüpfen in die Rolle von Israeliten, die zum Passahfest in Jerusalem sind und die die Verurteilung, Kreuzigung und Auferstehung Jesu miterleben. „Beim ersten Mal war es schwierig“, erinnert sich Werner Linke. Vor allem „Kreuzigt ihn“ oder „Weg mit ihm“ zu rufen, das musste eingeübt werden. Manche spielen dieses Jahr zum dritten Mal mit – sie nehmen „die Neuen“ mit in die Inszenierung, geben ihre Erfahrungen durch routiniertes Spiel weiter. Linke: „Man spürt tief und körperlich, was es heißt auf dem Platz zu sein und mitzurufen, in der Menge mitzulaufen.“ Es gibt noch einen weiteren Aspekt: Die Jugendlichen können spielerisch erleben, was es heißt für die eigene Meinung einzustehen, sie laut in der Öffentlichkeit zu vertreten, so Eva Fricke. Die Akteure sind zwischen sieben und 82 Jahren alt.

Das Spiel folgt dem Geschehen, wie es in der Bibel aufgeschrieben ist. „Wir zeichnen den Weg nach“, erläutert Eva Fricke. Der beginnt in der Synagoge des Bibeldorfes mit einer Einführung. Von dort brechen Gäste und Akteure gemeinsam auf zur Basilika und animieren die Menschen auf dem Weg, in den Häusern und Werkstätten des Bibeldorfes, mit zu kommen. In der Basilika kommt es dann zur Verhandlung, in der Pontius Pilates Jesus zum Tod am Kreuz verurteilt und abführen lässt. Der Hohepriester Kaiphas, eine Hexe und Barrabas treten hier außerdem auf.
Ein römischer Hauptmann berichtet wenig später der staunenden und erschreckten Menge von der Kreuzigung. „Wir haben uns entschieden, die Kreuzigung indirekt zu spielen“, sagt Pfarrer Fricke. Schließlich bricht die Menge auf zum Grab und trifft dort auf die beiden Marias. Sie berichten von der leeren Grabkammer und über alles, was sich am Ostermorgen ereignet hat. Hier endet das Anspiel, „für uns Christinnen und Christen aber fängt hier alles erst an“, so Fricke. Es wird auch deutlich werden, wie Weihnachten und Ostern zusammen hängen.
Drei Vorstellungen gibt es am Karfreitag um 15, 16 und 17 Uhr. Karten gibt es für 11 Euro im Bibeldorf, unter Telefon: (0 52 44) 974 974 oder per Mail: info@bibeldorf.de(fra)