Die Macht der Bilder

Start der Seminarreihe „Reformation.Bild.Bibel.2015“ in Gütersloh

Dr. Rolf Wischnath und Gisela Kittel (v.l.). Foto: Kerstin Jacobsen

Gütersloh. „Das Bilderverbot in der Heiligen Schrift“ – unter dieser Überschrift stand jetzt ein Seminarabend mit Professorin Gisela Kittel im evangelischen Haus der Begegnung. Rund 25 Interessierte kamen zu der Veranstaltung, mit dem der Evangelische Kirchenkreis und die Evangelische Kirchengemeinde Gütersloh ihre Reihe zum Themenjahr 2015 „Bild und Bibel“ eröffnete. Den Abend moderierte Professor Dr. Rolf Wischnath.

 

Die evangelisch-reformierte Theologin Gisela Kittel war bis 2005 Professorin der Universität Bielefeld. Ausführlich legte sie die Besonderheit des Bilderverbots dar, das das Alte Testament gleich zweimal (2. Mose 20,4f und 5. Mose 5,8f) im Rahmen der Zehn Gebote überliefert. Dabei ging sie auch auf die Unterschiede der lutherischen und der reformierten Tradition ein: Versteht erstere das Bilderverbot als Teil des Ersten Gebots, zählt es letztere als eigenes Gebot und fasst die beiden letzten Gebote „Vom Begehren“ zusammen.

 

Das Alte Testament rechne durchaus mit anderen Göttern, so die Referentin. Jedoch unterschiede sich der Gott Israels von allen anderen Gottheiten der antiken Welt. Diese seien nach der Definition des großen Alttestamentlers Gerhard von Rad „persongewordene Mächtigkeiten des Himmels oder der Erde oder des Abgrunds“. Mit Hilfe der Kultbilder glaubten die Menschen, sie beeinflussen zu können. Anders der bildlose Gott: „Der Gott Israels ist unverfügbar, uns völlig entzogen.“ Durch die Zehn Gebote als „seine befreiende und bindende Rede“ trete er jedoch selbst in Kontakt zu den Menschen.

 

Das Neue Testament verstehe Jesus als Bild Gottes: „Jesu Weg von der Krippe über das Kreuz bis zur Auferstehung ist der Weg, durch den Gott uns anreden will.“ Begegne im Alten Testament „Gottes Wort aus der Höhe“, spreche er im Neuen Testament „aus der Tiefe“.

 

Die „Macht der Bilder“ sei nicht zu unterschätzen, betonte Kittel. Überlieferungen wie die Verehrung des „goldenen Kalbs“ (2. Mose 32,1-6) bewiesen: Schon das Volk Israel ist der Versuchung der Gottesbilder immer wieder erlegen. Heute erinnere die bizarre Verehrung des nordkoreanischen Diktators Kim Jong-un an den in der Antike verbreiteten Herrscherkult. Wenn Pegida-Anhänger mit dem Kreuz für den Erhalt des christlichen Abendlandes demonstrierten, werde das christliche Symbol „als Fetisch missbraucht“.

 

Bieten bildliche Darstellungen in Kirchen einen Zugang zum Glauben oder verstellen sie ihn eher? Angeregt diskutierten die Anwesenden diese Frage zum Ende eines informativen Abends.

kj