Kirchenkreis/Gütersloh. Präses Annette Kurschus war am Buß- und Bettag im Evangelischen Kirchenkreises Gütersloh zu Gast. Die Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen nahm sich den ganzen Tag Zeit die Begegnung mit ehren- wie hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus Gemeinde, Kirchenkreis und Verwaltung. Beim abschließenden Empfang tauschte sie sich ebenso mit Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Kultur aus.
Präses Kurschus ließ es sich nicht nehmen, das Bibeldorf Rietberg zu besuchen. Bei einem Rundgang folgte sie fasziniert den Erläuterungen von Pfarrer Dietrich Fricke und seiner Frau Eva. „Siehe, hier ist den HERRN Haus, und ich wusste es nicht!“ (Genesis 28,16) schrieb sie ins Gästebuch.
Im Kreiskirchenamt Gütersloh/Halle gestaltete Präses Kurschus „zum ersten Mal in meinem Lebern“ eine Finissage: Im Beisein zahlreicher Mitarbeitenden beschloss sie die Ausstellung „typisch männlich – typisch weiblich“. Deren Thema „Geschlechtergerechtigkeit“ werde derzeit auch in der Evangelischen Kirche diskutiert. So gebe es hier immer noch zu wenige Frauen in Leitungspositionen. „Ich wünsche mir, dass wir als Kirche uns trauen, Anstöße zu geben, menschliche Vielfalt zu leben.“
Gut 50 Pfarrerinnen und Pfarrer nutzten die Gelegenheit, bei einer Pfarrkonferenz Annette Kurschus nicht nur kennen zu lernen, sondern auch Fragen zu stellen. Wie kann Gemeindeleben aufrecht erhalten werden, wenn immer mehr Kirchen geschlossen werden? Wie können wir zukünftig mit weniger hauptamtlichen Mitarbeitenden und Pfarrern auskommen? Wie können Geistliche bei steigender Arbeitsbelastung gesund bleiben? „Wir stellen jetzt die Weichen für die Zukunft“, betonte Kurschus. Die Kirchengemeinden seien gefordert zu entscheiden, „was machen wir weiter und was auch bewusst nicht mehr.“ Auch hier ermutigte die Präses zur Vielfalt: „Die Gemeinde rund um den Kirchturm ist nicht die einzige Form von Gemeinde.“
Entschieden wandte sich Annette Kurschus gegen die Ansicht, die gesellschaftliche Bedeutung der Kirche nehme immer mehr ab: „Es stimmt nicht, dass wir als Kirche nur noch am Rande der Gesellschaft mitlaufen. Die Menschen erwarten viel von uns.“ Und weiter: „Die Verheißung, aus der wir leben, tragen nur wir in die Welt. Deshalb sind wir unverzichtbar.“
Höhepunkt des Besuchs war der Abendgottesdienst zum Buß- und Bettag. Der Feier in der voll besetzten Martin-Luther-Kirche Gütersloher verlieh der Bachchor unter Leitung von KMD Sigmund Bothmann einen würdigen musikalischen Rahmen. Umkehr, so betonte Präses Kurschus in ihrer Predigt, sei nicht nur eine Richtungsänderung. Umkehr im Sinne des Buß- und Bettages sei eine Rückkehr zu den Quellen des christlichen Glaubens. Aus dieser Umkehr folge kein Rückzug in eine fromme Innerlichkeit, sondern der Einsatz gegen Ungerechtigkeit, Armut und Gewalt. Das sei auch für Kirchenleute nicht selbstverständlich. „Wir (…) gefallen und genügen uns bisweilen selbst in unseren eloquenten Reden, mit unseren aufgeklügelten Konzepten und gut aufgestellten Haushaltsplänen“, so die Präses selbstkritisch. Die „Klopfzeichen Christi“ aber „versetzen in Empörung über Unrecht und Krieg. Sie lassen nicht ruhig werden über Armut und Gewalt. Sie schicken uns zu denen, die uns brauchen. Sie lassen uns die Stimme erheben für die Stummen.“
Superintendent Christian Heine-Göttelmann freute sich besonders, gemeinsam Präses Kurschus im Anschluss geladene Gäste aus Kirche, Wirtschaft, Politik und Kultur zu einem Empfang im Begegnungszentrum der Diakonie Gütersloh zu begrüßen. „Wir machen uns Gedanken, wie man Familien in Kirche und Gesellschaft stärken kann, nehmen eigene Milieuverengungen wahr und suchen nach Ideen, Beschämung und Stigmatisierung ein Ende zu machen.“
kj