Gütersloh. Sieben Lieder von Christian Fürchtegott Gellert stehen im evangelischen Gesangbuch, das katholische Gotteslob enthält immerhin zwei. Doch neben bekannten Chorälen wie „Jesus lebt, mit ihm auch ich“ oder „Mein erst Gefühl sei Preis und Dank“ hat der Dichter und Moralphilosoph zahlreiche Fabeln, Lustspiele, Abhandlungen und auch einen Roman verfasst. Zu Lebzeiten (1715-1769) gehörte Gellert sogar zu den meistgelesenen deutschen Schriftstellern.

Grund genug für den Förderverein Historische Kirchen Gütersloh, dem Autor der Aufklärung am vergangenen Samstagabend zum 300. Geburtstag zu gratulieren. Aufgrund der brütenden Hitze hatten sich jedoch nur knapp 20 Kulturfreunde in die mit 27 Grad Celsius vergleichsweise kühle Apostelkirche aufgemacht. Spontan verkürzten Ullrich und Bärbel Felchner das geplante Programm. Sie ließen es sich jedoch nicht nehmen, gemeinsam mit den Anwesenden Gellert mit „Wenn ich, o Schöpfer, deine Macht“ (EG 506) ein Geburtstagsständchen zu bringen.

Mit den beiden Fabeln „Die Geschichte von dem Hute“ und „Die Biene und die Henne“ gab Bärbel Felchner einen kleinen Einblick in die intelligente Fabulierkunst Gellerts. Der, so Ullrich Felcher, habe eigentlich lieber ein zweiter Paul Gerhardt sein wollen als ein Fabeldichter. „Er war kein einfacher Mann“, so der Vereinsvorsitzende, „und keinesfalls so glaubensstark wie es in seinen Liedern den Anschein hat.“ Gellert habe an Hypochondrie gelitten. „Heute würde man sagen: Er hatte Depressionen.“

Seine geistlichen Lieder dichtete Gellert auf bekannte Melodien, damit sie auch gesungen würden. Das werden sie bis heute. Felchner: „Für einen Dichter, der schon so lange nicht mehr lebt, gibt es doch nichts Schöneres, als dass sein Werk noch lebendig ist!“

Seinen vorbereiteten Vortrag von gut einer Stunde Länge will Felchner im Herbst nachholen, der Termin wird rechtzeitig bekannt gegeben. Den Anwesenden jedenfalls haben die Felchners Appetit darauf gemacht.

kj