Eine Nacht der Klänge

Klassische Orgelklänge, virtuoses Akkordeon und skandinavisch inspirierter Jazz erfüllten die Christus-Kirche mit einem musikalisch-vielstimmigen Klangteppich

Beckums Kirchenmusiker Sebastian Wewer bedankte sich herzlich bei der neuen Kreiskantorin für Klassik, Anne Engelbert-Riepe, für ihr erstes öffentliche Konzert an der Mühleisenorgel in der Christuskirche. FOTO: CG

Der preisgekrönte Konzertakkordeonist Alexandre Bytchkov verzauberte in meisterlicher Virtuosität mit Werken aus der Klassik, Romantik und neuen russischen Weisen. FOTO: CG

Der preisgekrönte Konzertakkordeonist Alexandre Bytchkov verzauberte in meisterlicher Virtuosität mit Werken aus der Klassik, Romantik und neuen russischen Weisen. FOTO: CG

Beckum. Es war das erste öffentliche Konzert der Kreiskantorin Klassik, Anne Engelbert-Riepe, als die „Nacht der Klänge“ endlich wieder stattfinden durfte. Wenn auch unter „3G-Regeln“ sowie Masken- und Abstandsgeboten genossen die Besucher*innen einen seltenen Moment: Klassische Orgelmusik auf der Mühleisenorgel aus Straßburg, meisterliches Akkordeon mit dem russischen Virtuosen Alexandre Bytchkov und einem Jazz-Konzert mit dem „Meinhard-Siegel-Trio+“. Kirchenmusiker Sebastian Wewer, Pfarrer Ingo Göldner und ein engagiertes Gemeindeteam ermöglichten diesen dreistündigen Musikgenuss für viele Zuhörer*innen. 
Unter dem Motto „Fernweh“ hatte die Kreiskantorin Werke von Johann Sebastian Bach (1685-1750), Dietrich Buxtehude (1637-1707), Domenico Zipoli (1688-1726) und Felix Mendelssohn-Bartholdy (1809-1847) ausgewählt. Das Bach’sche „Concerto a-moll nach Antonio Vivaldi, 1. Satz, BWV 593“, entstand in der Zeit in Weimar, als der junge Bach mit seiner ersten Ehefrau und den kleinen Kindern eine glückliche Zeit erlebte. Die Beckumer Orgel sei für diese Musik-Literatur „besonders gut geeignet“, so Engelbert-Riepe. Bach wanderte zu seinem großen Vorbild Buxtehude nach Lübeck, diesen Weg illustrierte die Organistin mit dem „Präludium in D-Dur, BuxWV 139“ in bewegter Form aus den „Abendmusiken“. 
Von Zipoli, der in der Toskana geboren – als Missionar der Jesuiten lange in Südamerika wirkte – zelebrierte die Organistin „Vier Versetten und Canzona in d“ aus der „Sonate d’Intavolatura per Organo e Cimbalo“. Hier genossen die Zuhörer*innen schöne, griffige Stücke, die trotz ihrer Komplexität durch ihren Charme betörten. In Erinnerung an die Partnergemeinden der westfälischen Landeskirche in Argentinien, bemerkte die Kreiskantorin, dass heute noch Originalpartituren von Zipoli in Südamerika gefunden würden. Die Querverbindung zur Musik Bachs, gelang Engelbert-Riepe mit der in England komponierten „Orgelsonate in c-moll, op.65 Nr.2 von Mendelssohn-Bartholdy.
Der sympathische Alexandre Bytchkov verzauberte seine Zuhörer*innen mit Klassik, Romantik und russischen Werken. Seit 1996 lebt der Preisträger internationaler Wettbewerbe und zweifache Deutsche Akkordeonmeister mit seiner Familie in Mainz und lehrt dort am Peter-Cornelius- Konservatorium. Sein Beckumer Publikum eroberte der Petersburger mit der bekannten „Toccata & Fuge in D-Moll“ von Bach, einer belebt, fröhlichen Jagd-Sonate in C-Dur von Domenico-Scarlatti (1685-1757), um dann sehr romantisch mit der „Schwanengesang-Serenade No. 4, D957“ von Franz Schubert zu antworten. 
In die Neuzeit entführte der Konzertakkordeonist mit der sehr bildhaften und stark rhythmischen Postkutsche auf der Grundlage eines alten russischen Liedes von Yuri Peschkov (*1940). Sehnend-dramatisch überzeugte die Filmmusik „Romanze“ zum Spielfilm „Schneesturm“ nach einer Geschichte vom großen Alexander Puschkin. Als Hommage an sein deutsches Publikum streute Bytchkov ein „Für mich soll‘s rote Rosen regnen“ ins Konzertprogramm und riss seine Zuhörer*innen zu spontanen Beifallsbekundungen hin. Ein verträumter „Libertango“ vom großen Astor Piazzolla (1921-1992) entführte erneut in südamerikanische Musiktraditionen.
Gute, alte Bekannte begrüßten die Beckumer Musikfreunde mit dem „Meinhard-Siegel-Trio+“. Pfarrerin B irgit Schneider erinnerte sich an fünf Konzerte vor der Pandemie-Zeit und betonte: „Es ist immer wieder eine große Freude!“ Der skandinavisch beeinflusste Jazz der erfahrenen Musiker Meinhrad Siegel, Piano und Keyboards, Theo Giebels am Bass, Andreas Küster, Schlagzeug und das Trio+ Heribert Horstig an der Gitarre nahmen ihr Publikum auf eine betörende Klangreise. Sowohl die in Schweden komponierten und dort auch produzierten Titel von der CD „Under Värmland’s Sky“ als auch aktuell entstandene Werke spielten sich mitten ins Herz der ausgetrockneten Musikliebhaber*innen. Mit großer Erfahrung in handgemachter Musik und ohne große Effekthascherei nahmen die Jazzer ihre Fans mit auf eine Reise über Skandinavien bis nach Portugal. Alle Gäste des Abends waren sich zum Schluss einig: „Musik ist unverzichtbar! Sie hat so gefehlt! Wie wunderbar, dass wir sie wieder gemeinsam hören dürfen!“         (CG)