Einen Segen vom Roboter „BlessU-2“

Interaktives Kommunikationsexperiment zu Gast in der Stadtkirche in Oelde

Ungewöhnliches Äußeres und ein weltweiter Promi – der vom Medienkünstler Alexander Wiedekind-Klein entwickelte Segensroboter „BlessU-2“. Foto: CG

OELDE – Wer sich in der Stadtkirche vor dem Altar einfindet, kann am „BlessU-2“ – fast wie bei einem Bankautomaten – die Sprache des Segensspruchs per Touchscreen wählen. Die ungelenken Roboterarme fahren langsam in die Höhe und dann kann es sogar in hessisch lauten: „ Der Herr segne und behüte dich. Er lasse sein Angesicht leuchten über Dir.“ Dieser alttestamentliche Segen aus den Mosebüchern gehört zu jedem Gottesdienst, der Segensroboter spendet ihn, wann immer es gewünscht wird und druckt auf Wunsch auch aus. Segen to go – sozusagen.

Pfarrerin Elke Räbiger-Helmerich entdeckte den vom Medienkünstler Alexander Wiedekind-Klein entwickelten Segensroboter auf einer Fortbildung und war sofort fasziniert: „Meine Neugier war geweckt!“ Ursprünglich war „BlessU-2“ für die Weltausstellung der Reformation in Wittenberg entwickelt worden und landete weltweite Schlagzeilen. Ob in Indien oder China, in Südamerika oder den USA, „BlessU-2“ sorgte für sechsstellige Klickzahlen im Netz und aufgrund dieser Berühmtheit entstand die Idee, den ungewöhnlichen Segensspender auf eine Land-Tour durch die Gemeinden zu senden.

Zur Begrüßung des digitalen Segensspenders fanden sich neben Räbiger-Helmerich auch ihre Amtskollegin Melanie Erben, der Jugendreferent Hans-Jürgen Netz und Kirchenvorstände ein. Ältere Menschen reagierten teilweise eher verstört und wollten den so gespendeten Segen auch nicht einfach so haben. „Da muss ich erst einmal drüber nachdenken“, verließ eine eher irritierte Frau der Gemeinde die Stadtkirche und wollte ein anderes Mal wiederkommen. „Maschinen und Automaten begegnen uns in immer mehr Lebensbereichen“, möchte die Initiatorin eine breit angelegte Diskussion in der Gemeinde und über die Generationen hinaus anregen.

Ob „BlessU-2“ ein digitaler Pfarrer-Kollege aus der Zukunft oder doch eher ein Verwandter der schon eingesetzten Pflegeroboter werden könnte, darüber möchte Elke Räbiger-Helmerich in einer zunehmend digitaleren, älteren Singlegemeinde nachdenken. „Vielleicht führt diese besondere Erfahrung ja auch zu einem heiligen Erschrecken. Ich erlebe auch eine Kehrtwende mit großer Sehnsucht nach Miteinander und Seelsorge in allen Generationen in der Gemeinde“ Für ein menschliches Problem sei ein zugewandtes menschliches Gegenüber immer eine gute Wahl, so die Theologin.

Eine offensive Neudefinition des Menschseins könnte ja auch in die Gewissheit münden, dass kleine menschliche Gesten und Rituale, so auch das spontane Zusprechen eines Segens im Alltag, eine gute Antwort auf die zunehmende Digitalisierung sein können. „Wir können alle mehr Segen gebrauchen“, ist sich die Pfarrerin sicher.

Was der digitale Segensspender auf gar keinen Fall könne, etwa spürbare menschliche Nähe, sei die eine Erfahrung. Allerdings sei er auch nie launisch, verspreche nicht mehr als er geben könne, gehe nicht in komplexe Beziehungen. Räbiger-Helmerich spricht ein Lob auf das Irrationale im menschlichen Leben aus und wirbt dafür, „scheinbar Banales im Zwischenmenschlichen“ ernst zu nehmen und zu zelebrieren. Glauben bedeute auch: „Uns gegenseitig anzunehmen wie wir sind“, so die Pfarrerin.

Der Segensroboter machte bis zum 1. Februar in der Oelder Stadtkirche Station. Die Initiatoren begrüßten bis dahin viele Besucherinnen und Besucher in der Stadtkirche und an anderen Orten in der Stadt, z.B. auf dem Bahnhofsvorplatz, um morgens Reisenden den Segen zuzusprechen. Zu allen Öffnungszeiten waren neben „BlessU-2“ Menschen vor Ort und führten spannende und nachdenkliche Gespräche. (CG)