Rheda-Wiedenbrück. Trotz des sehr schönen spätsommerlichen Wetters folgten knapp 50 Besucher*innen am frühen Sonntagabend der Einladung zu einem Konzert in die Ev. Stadtkirche Rheda. Beate Corßen (Violine und Viola) und Kantor Jan Weige an der Orgel gestalteten gemeinsam ein höchst anspruchsvolles, aber auch sehr hörenswertes Programm. Unterstützt wurde der Kantor von Mareike Scheumann, die das Schwellwerk und die Register der Orgel bediente.
Bei seiner Begrüßung stellte Jan Weige zunächst die drei Komponisten des Konzertes vor. Alle drei gehören der Romantik an und haben zudem gemeinsam, dass sie Söhne reicher Eltern waren, die ihnen eine musikalische Ausbildung ermöglichten.
Der Abend startete mit Max Bruch (1838 – 1920) und seinem „Kol Nidrei“. Der Titel und das Hauptthema des Stücks basieren auf dem jüdischen Gebet Kol Nidre, das am Vorabend des höchsten jüdischen Feiertages, dem Jom Kippur, gesungen wird. Dieses Werk entstand zunächst für Solo-Cello und Orchester, in der Stadtkirche wurde die spätere Bearbeitung für Bratsche und Orgel vorgetragen. Nach einem klagenden Beginn des Gebets folgt eine typisch romantische Steigerung, die auf dem Höhepunkt nach D-Dur umschlägt und zum Schluss leise und versöhnlich ausklingt.
Es schloss sich der erste Satz der Sonate A-Dur (Opus 65 Nr 3) von Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847) an. Der bewegte Mittelteil, in dem sich die Oberstimmen in einer Fuge steigernd aufbauen, ist unterlegt mit dem Choral „Aus tiefer Not schrei ich zu dir“, der im Pedal gespielt wird. Umrahmt wird der Satz dabei von einem feierlichen Thema in A-Dur. Kantor Jan Weige spielte dieses typische Stück der romantischen Orgelmusik technisch versiert und musikalisch überzeugend mit einer großen Klangfülle an der Bosch-Orgel.
Anschließend folgte der erste Teil des sechs Stücke umfassenden Opus 150 des spätromantischen Komponisten Joseph Gabriel Rheinberger (1839 – 1901). Von dem für Violine und Orgel verfassten Zyklus wurden zunächst die ersten drei Stücke vorgetragen. Typisch für Rheinbergers Musik zeichnen sich auch diese Stücke durch ausgefeilte Harmonien, melodische Schönheit und eine meisterhafte Handhabung von Kontrapunkt und Polyphonie aus.
Da war es eine willkommene Unterbrechung, dass Jan Weige an der Orgel das ruhige und feierlich vorgetragene „Andante tranquillo“ (dem 2. Satz) der Sonate A-Dur von Felix Mendelssohn Bartholdy spielte.
Die letzten drei Stücke aus dem Opus 150 von Josef Gabriel Rheinberger rundeten das Programm mit großer Klangfülle ab, wobei die „Ouvertüre“ interessanterweise das Finale bildete oder wohl als Ouvertüre in die Schlussfuge von Violine und Orgel einleitet. Beate Corßen, die bis zu ihrem Ruhestand Lehrerin an der Musikschule für den Kreis Gütersloh war, spielte virtuos auf der Geige. Sie wurde von Weige feinfühlig begleitet.
Nach langem Applaus erklang noch eine Zugabe. Die Zuhörer*innen waren begeistert von der sowohl kraft- als auch gefühlvollen Darbietung und das hochvirtuose Spiel der beiden Musiker. (bst)