Die Berichte Betroffener über sexualisierte Gewalt durch einen ehemaligen kirchlichen Mitarbeiter im Ev. Kirchenkreis Siegen haben uns erschüttert und machen uns fassungslos. Sexualisierte Gewalt im Zusammenhang kirchlicher Arbeit war und ist niemals hinnehmbar. Ihr muss in aller Entschiedenheit Einhalt geboten werden.
Im Namen der Ev. Kirche von Westfalen bittet die Landessynode die Menschen, die von den Vorgängen in Siegen bis heute betroffen sind, in aller Form um Verzeihung.
Wir teilen und bekräftigen die von der ehemaligen Präses, Annette Kurschus, erklärte Absicht „Menschen, denen im Raum unserer evangelischen Kirche durch sexualisierte Gewalt schlimmes Unrecht angetan wurde, uneingeschränkte Aufklärung und Aufarbeitung dieses Unrechts zuzusichern“.
Diesem von Annette Kurschus gestellten Anspruch auf umfängliche Aufklärung der Vorgänge im Kirchenkreis Siegen – auch jenseits strafrechtlich relevanter Tatbestände und unabhängig vom Ausgang der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen - wird die Ev. Kirche von Westfalen konsequent nachkommen. Das sind wir allen Betroffenen, der EkvW, aber auch unserer ehemaligen Präses schuldig.
Der Rücktritt von Annette Kurschus von allen Ämtern bedeutet einen schmerzlichen Verlust für die evangelische Kirche – weit über Westfalen hinaus.
Ihre besondere Gabe, das Wort Gottes existentiellen und gesellschaftlichen Fragen gegenüberzustellen und sie in diesem Licht zu beleuchten, wird uns fehlen.
Als Vorsitzende hat Präses Annette Kurschus seit 12 Jahren unserer Landeskirche und dieser Synode klare Orientierung verliehen. Ihre Berichte und Zeitansagen haben unserer synodalen Arbeit Inspiration und Tiefe verliehen, ihre große Präsenz, ihre Sprachkraft und ihre menschliche Zugewandtheit bleiben ein Segen für unsere Kirche.
Dass Annette Kurschus mit ihrem Rücktritt Schaden von der Evangelischen Kirche in Deutschland und in Westfalen fernhalten will, und vor allem, dass sie den notwendigen, mit den Betroffenen sexualisierter Gewalt erarbeiteten Weg der rückhaltlosen Aufklärung und Aufarbeitung schützen will, sehen wir mit großem Respekt.
Es bedarf jetzt eines Innehaltens und anschließend einer gründlichen, kritischen, auch selbstkritischen Betrachtung aller Vorgänge. Der Umgang mit den Meldungen, die bei der Meldestelle eingegangen sind, das daraus abgeleitete Vorgehen und nicht zuletzt die Kommunikation im Spannungsfeld von gebotener Transparenz und Wahrung der Persönlichkeitsrechte aller Beteiligten müssen gründlich und differenziert untersucht werden. Als Landeskirche wollen und werden wir aus den Vorgängen weiter lernen, wie ein angemessener, an den Betroffenen orientierter und verlässlicher Umgang mit sexualisierter Gewalt gelingen kann.
Die Landessynode bedauert den Rücktritt der Präses der EKvW zutiefst und erbittet für sie Gottes Segen. Für ihren unermüdlichen Dienst als Präses unserer Kirche sagen wir von Herzen Dank. Wir wünschen ihr und uns, dass sie ihre Persönlichkeit, ihre theologische Tiefe und ihre Sprachkraft auch künftig in den Dienst der Kirche einbringen kann.
Im Vertrauen auf Gottes Begleitung gehen wir als Landessynode in die kommende Zeit, verbunden mit allen, die dem Auftrag der Kirche in unseren Kirchengemeinden, Kirchenkreisen und Arbeitsfeldern folgen.