„Ich darf meinen Blick weiten“

Tupokigwe Mwakipesile lebt und arbeitet seit dem 17. April im Kirchenkreis Gütersloh

Mit viel Freude und Energie arbeitet Tupo im neuen Weltladen mit. Foto: CG

Das Handy als große Verbindung zwischen allen Welten ist auch für Tupo eine Möglichkeit zur Kurzreise in ihre Heimat. Die junge Frau spricht neben ihrer Lokalsprache auch Suaheli, Englisch und bald auch akzentfrei Deutsch. Foto: CG

Gütersloh. „Tupokigwe, mein ganzer Name, bedeutet übersetzt so viel wie ‚Wir sind gerettet‘, erzählt die junge Frau aus Tansania, die gerade tageweise im Weltladen in Gütersloh mitarbeitet. Ihr eigentlicher „Boss“ sei wahrscheinlich der Superintendent, sagt Tupo mit einem schelmischen Lachen, doch ist es Sylvia Henselmeyer, die Referentin für Erwachsenenbildung im Ev. Kirchenkreis Gütersloh, die ihren Aufenthalt koordiniert und daher mit der ausgebildeten Lehrerin viel zusammen arbeitet. „Ich lerne jeden Tag so viel Neues“, freut sich Tupo, dass kaum Zeit bleibt für Heimweh und lasse auch die ungewohnt kalt-nassen Temperaturen ihrer ersten Wochen im Kreis Gütersloh vergessen.

Eigentlich sollte Tupo schon 2020 zu ihrem Jahrespraktikum aufbrechen. Doch machte die weltweite Pandemie auch diese persönlichen Pläne zunichte. Hier in Gütersloh hoffte der Tansania Arbeitskreis (TAK) des Ev. Kirchenkreises Gütersloh, dass der Besuch nur verschoben, aber nicht abgesagt war. Den TAK und damit die Freundschaft mit den tansanischen Kirchenkreisen Kyerwa und Murongo im Bezirk Karagwe im Nordwesten Tansanias gibt es im Kirchenkreis seit 41 Jahren. Auch deshalb ist die Freude groß, dass Tupo nun für ein Jahr hier sein kann.
 
Denn nach einer Zeit von Hoffen und Bangen, stieg die junge Frau am 16. April diesen Jahres in Dar es salaam, der Millionenstadt an der Ostküste Afrikas, ins Flugzeug, um einen Tag später via Amsterdam in Düsseldorf zu landen. Als offizielle Volontärin der VEM (Vereinte Evangelische Mission) und Botschafterin der Partnerschaft möchte Tupo in ihrer neuen Umgebung „einen guten Eindruck hinterlassen“ und fühlt sich als eine „Botschafterin ihrer Kirche“.

„Für mich wird gerade ein Traum wahr“, beschreibt die 29-Jährige die großartigen Möglichkeiten hier vor Ort. Indem sie in eine andere Kultur eintauche, lerne sie sich selbst auf ganz neue Weise kennen. Die Begegnung mit einer völlig anderen Welt zeige ihr so viel Neues und das tief Berührende sei, dass sie ihren Blick weiten dürfe. Einen Einblick in kirchliche Praxis gewinnt Tupo in den Gottesdiensten, zu denen sie eingeladen wird. Neben den vielfältigen Aufgaben und Begegnungen in ihrer neuen Welt hat Tupo auch einen echten familiären Mittelpunkt gefunden. „Ich lebe bei Familie Kammann in Beelen. Ich bin so dankbar, dass ich dort eine große Offenheit und Wärme erfahre. Das ist die beste Medizin gegen Heimweh!“

Tupo kommt aus einer christlichen Familie. Sie wuchs mit zwei Schwestern und einem Bruder auf. „Mein Vater ist einer der Kirchenältesten in unserer Kirche und war schon immer meine Vertrauensperson“, sagt die Frau, die in ihrem jungen Leben schon auf eine fast 20-jährige Ausbildungszeit zurück schaut. Nach sieben Jahren in der Primaryschool gibt es für alle Schüler*innen eine nationale Prüfung. Wer besteht, darf vier weitere Jahre lernen. Nach einer erfolgreich bestandenen erneuten Prüfung gibt es mehrere Wege, ähnlich wie bei uns mit Fachhochschule und Universität. Tupo ist examinierte Lehrerin und will auch in ihrem Land in diesem Beruf arbeiten.

Tansania hat gerade zum ersten Mal eine Präsidentin, Samia Hassan Suluhu. Tupo setzt große Hoffnungen in deren Amtszeit. Seit 2015 sei es sehr schwierig gewesen für Pädagog*innen, weil es staatlicherseits keine neuen Einstellungen gegeben habe. Deshalb hofft Tupo auf bessere Bedingungen nach ihrer Rückkehr. Sie schwärmt von ihrer Heimat, einem Vielvölkerstaat mit zig lokalen Sprachen neben Suaheli und Englisch als Schulsprache. „Tansania ist ein schönes Land mit vielen touristischen Attraktionen“. Ach, noch etwas: Entgegen der meisten ihrer Landsleute ist Tupo zum ersten Mal gegen Corona geimpft. „Ich bin so glücklich und hoffe sehr, dass die Impfquoten in Afrika auch endlich steigen“, sagt diese junge, mutige Frau aus Tansania.         CG