Mit den Jahren immer besser

„Kein Passah für Pilatus“: Theatergruppe Rostfrei brilliert mit siebtem Stück von Friedrich M. Rueß

Am Ende allein: Pilatus (Ralph Klimt). Foto: Kerstin Jacobsen

Quelle. Samstagabend in Quelle, kurz vor 19 Uhr. Langsam füllt sich das Gemeindehaus der Johannes-Kirchengemeinde, gespannte Erwartung liegt in der Luft. Gleich wird das siebte Stück aus der Feder von Friedrich M. Rueß beginnen. Plötzlich erklingt ein vielstimmiger Schrei aus einem Nebenraum, wo sich die Theatergruppe „Rostfrei“ auf Betriebstemperatur bringt.

Und schon geht es los: Thema von „Kein Passah für Pilatus“ ist der Prozess gegen Jesus von Nazareth. Doch wird das Publikum nicht Zeuge der Verhandlung, Jesus selbst erscheint auch gar nicht auf der Bühne. Das minimalistische Bühnenbild macht es leicht, sich ganz auf das gesprochene Wort zu konzentrieren.


Im Mittelpunkt der Handlung steht Pontius Pilatus (Ralph Klimt). Eigentlich will der römische Statthalter zum Passahfest mit Ehefrau Livia (Elken Dreier) ein paar ruhige Tage in der Provinz verbringen. Doch daraus wird nichts. Lauthals schreien jüdische Nationalisten ihren Hass auf die römischen Besatzer heraus. Und da ist dieser „Wundermann aus Nazareth“, der auf Betreiben der Hohepriester Hannas (Jürgen Handwerk) und Kaiphas (Matthias Dreier) verhaftet wurde. Die Geistlichen wollen den unbequemen Wanderprediger loswerden, der ihre Autorität in Frage stellt. Die Römer haben die Gerichtshoheit im Land, sollen die das für sie erledigen! Aber Pilatus wehrt ab: „Religiöse Angelegenheiten gehen mich nichts an“, lässt er Tullius (Marco Erdmann), dem Befehlshaber der römischen Truppen, wissen. Geschickt bedient sich Pilatus des weinseligen Landesfürsten Herodes Antipas (Carsten Ledwa), sehr zum Ärger dessen Gattin Herodias (Christine Hahn). Herodes wiederum hofft auf eine Königskrone für sich.


Die römischen wie jüdischen Ränkeschmiede schustern sich gegenseitig die Verantwortung für den angeklagten Jesus zu, der Prozess gerät ins Stocken. „Sein einzigen Vergehen ist, dass er Pazifist ist“, so der ratlose Pilatus.


Währenddessen spaziert Livia mit Tullius‘ Frau Claudia (Romy Brinkmann) durch Jerusalem. Zufällig begegnen sie der Schmuckhändlerin Elisabeth (Ulla Winkelmann). Entsetzt erfährt die Jüngerin Jesu von der Festnahme ihres Meisters – ahnt sie doch, dass ihr eigener Sohn Judas ihn verraten hat. Den staunenden Römerinnen erzählt die Jüdin von der befreienden und heilsamen Botschaft Jesu.


Elisabeth nimmt all ihren Mut zusammen und versucht, Jesus bei Hannas und Kaiphas freizukaufen, Auf ihr Bitten setzt sich sogar Livia bei Pilatus für ihn ein. Dass beide vergeblich flehen, ist bekannt. Und so nimmt die Geschichte ihren Lauf: Kaiphas hetzt, die Zeloten brüllen „Kreuzigt ihn!“, Pilatus wäscht sich die Hände in Unschuld und ist sehr mit sich zufrieden. Auch das währt nicht lange: Seine Frau Livia verlässt ihn, ebenso sein einstiger Freund Tullius: „Über dich wird die Nachwelt richten!“


Es ist eine Freude, „Rostfrei“ spielen zu sehen. „Mit den Jahren ist die Gruppe immer besser geworden“, findet Dr. Egon Gindele. Gemeinsam mit Trude Hausmann verantwortet er die Inszenierung mit erstmals vier Aufführungen. Dank Rueß‘ Sprachkunst kommt das ernste Thema durchaus nicht bleiern daher, an etlichen Stellen darf herzlich gelacht werden. Dass die Stücke so gut funktionieren, liegt auch daran, dass der Autor seinen Schauspielern die Rollen mittlerweile auf den Leib schreibt.


Im nächsten Jahr wird es natürlich weitergehen – auf Wunsch der Truppe jedoch erstmals nicht mit einem biblischen Thema. Man darf also gespannt sein!

Wer die Premiere verpasst hat: Es gibt noch zwei Aufführungen am Freitag, 21. März, um 19 Uhr und am Sonntag, 23. März, um 16 Uhr. Der Eintritt ist frei, Spenden willkommen.

kj