Mit Desinfektionsmittel und Kreisverkehr

Erster Gottesdienst nach dem Shutdown mit intensiver Begegnung

Ehepaare zusammen, alle anderen mit Abstand – in der Johanniskirche in Friedrichsdorf kamen 15 Gemeindeglieder zum ersten Gottesdienst nach dem Shutdown zusammen. Foto: fra

FRIEDRICHSDORF – „Das ist ja wie früher im Kino“, sagt ein Gottesdienstbesucher, als er zu seinem Platz begleitet wird in der Johanniskirche in Friedrichsdorf. Und doch ist so vieles anders. Er hat zwar am Eingang eine Platzkarte vom Küster Michael Koster erhalten, aber dann hört es mit den Gemeinsamkeiten mit dem Kinobesuch schon auf. Statt mit Popcorn und Limo empfängt Pfarrer Alexander Kellner alle Gottesdienstbesucher*innen mit einer Sprühflasche voll Desinfektionsmittel und Hinweisen auf Abstandhalten und all die anderen Dinge, die in der Corona-Pandemie in Friedrichsdorf wie in allen anderen Gemeinden des Evangelischen Kirchenkreises Gütersloh zu beachten sind.  

Presbyter Wolfgang Fuchs steht ein paar Schritte weiter an einem Stehtisch, vor sich Stift und Papier. Hier notiert er – wie es die Corona-Verordnung vorschreibt – Namen, Adressen, Telefonnummern von allen, die kommen. Dann wendet sich Presbyter Dirk Lange den Angekommenen zu und begleitet sie zum Sitzplatz. Maximal 38 Plätze dürfen in der Johanniskirche zurzeit belegt werden.
Insgesamt ist die Stimmung hier in Friedrichsdorf entspannt. Die vier Herren am Eingang tun zwar gewissenhaft, was sie tun müssen, aber die Scherze, die sie austauschen, und ihr Lachen nehmen dem Ganzen die Schwere. In der Kirche sind die Gottesdienstbesucher*innen miteinander im Gespräch. Man merkt, wie sehr sich alle darüber freuen, sich wieder einmal persönlich zu begegnen – wenn auch mit Mund-Nasen-Masken und auf Abstand. „Das war eine intensive Begegnung und ein dichter Gottesdienst“, stellt Alexander Kellner später fest.
Mit leicht veränderter Liturgie führt Pfarrer Alexander Kellner durch den Gottesdienst, knüpft an mehreren Stellen an den letzten Gottesdienst vor dem Shutdown an, stellt Bezüge zu Ostern her. „Die Osterkerze brennt heute zum ersten Mal in einem Gottesdienst“, betont er. Natürlich habe sie Ostern in der Kirche gebrannt, sagt er. Sie habe die Gäste begrüßt, die sich eine kleine Osterkerze für zu Hause geholt hätten. Und auch danach habe sie mit ihrem Licht Menschen in der Kirche zu stiller Andacht mit ihrem Licht erfreut.
An das Ostergeschehen knüpft Pfarrer Kellner in seiner Predigt an. Als Text hat er die Geschichte der beiden Jünger, die Jesus auf dem Weg nach Emmaus begegnen, ausgewählt: „Sie ist eine Erzählung von Krisenbewältigung“ und von innerer Kraft (Resilienz). Die Freude über Jesu Auferstehung bringe die beiden am Ende dazu, gestärkt zurück nach Jerusalem zu eilen und dort den Jünger*innen von ihrem Erlebnis und der damit verbundenen Freude und Hoffnung zu berichten. Hier knüpfte der Pfarrer an den Inhalt des Gottesdienstes vor sieben Wochen an, der sich mit einem Vers aus dem Brief an Timotheus beschäftigt hatte: „Gott hat uns nicht einen Geist der Furcht, sondern der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit gegeben.“ Getragen von dieser Zusage entstehe der Blick nach vorn aus einer Krise heraus.
Christoph Süßer gestaltete den musikalischen Teil. Für die Gemeinde übernahm er den Gesang. Fast wie im Kreisverkehr verließen die Gottesdienstbesucher*innen die Kirche über die beiden Nebenausgänge.         (fra)