Mut zur Menschlichkeit

Weihnachtsgruß von Superintendent Frank Schneider

In der Mittagspause gehe ich gerne auf den Weihnachtsmarkt. Nach dem Terror-Anschlag in Berlin hat sich die Atmosphäre spürbar verändert. Schwer bewaffnete Polizisten mit schusssicheren Westen und Maschinengewehren demonstrieren Sicherheit. Ein deutliches Zeichen in dem ansonsten doch eher beschaulichen Gütersloh.

Viele von uns lieben als Touristen Berlin. Wir erleben ein buntes Gemisch verschiedener Menschen und Nationen: Christen, Muslime, Juden, Menschen anderen Glaubens und viele Menschen ganz ohne Glauben. Nein, keine Idylle, aber gelebte Vielfalt mit allem Reichtum der Begegnung und auch mit allen Konflikten. Eine faszinierende, oft auch raue Stadt.

Mitten in dieser Stadt nun dieses Attentat. Wir wissen noch nichts über die Hintergründe, über die Motivation des Täters, der Täter. So oder so ist es aber ein Akt größter Gewalt und Unmenschlichkeit, ein Anschlag auf unsere Vorstellung einer freien Gesellschaft. Eine Tat, die uns erschüttert.

Wie muss es dann sein, in einem Land zu leben, wo solche Anschläge alltäglich sind, wie im Irak und in Afghanistan? Oder die tägliche Gewalt in Syrien, in Aleppo. Viele Menschen sind nach Europa und nach Deutschland geflohen, um dieser Gewalt zu entgehen. Im vergangenen Jahr gab es eine große Welle der Hilfsbereitschaft, die nach den Ereignissen der Kölner Silvesternacht nun oft in großes Misstrauen und politischen Populismus umgeschlagen ist.

„Wir lassen uns nicht zur Unmenschlichkeit verführen“, so hat es der Berliner Bischof Markus Dröge im Trauergottesdienst für die Opfer des Anschlags ausgedrückt.

Weil Glaube auch bedeutet, dass man die Würde des Mitmenschen achtet, wirkt er Populisten entgegen. Wir setzen als Christen an Weihnachten auf den „Populismus“ Gottes, dessen frei und froh machende Botschaft sich an „alles Volk“ richtet. Weihnachten als reines Familienfest ist schön, aber zu wenig. Die Geburt Jesu in Bethlehem ist ein bleibendes Zeichen dafür, dass Gott die Hoffnung mit dieser Welt niemals aufgibt. In einer Welt voller Gewalt und Friedlosigkeit hat Jesus immer wieder auf das Vertrauen gesetzt, dass inmitten der Dunkelheiten des Lebens und des Todes das Licht Gottes erscheint.

In diesem Sinne wünsche ich uns friedliche Weihnachten – mit Mut zur Menschlichkeit.
Ihr
Pfarrer Frank Schneider, Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Gütersloh