Oase der Ruhe, der Besinnung und der würdevolle Erinnerung

Evangelischer Friedhof wird sichtbarer „Ort der Hoffnung“

Alexander Kellner und Claudia Rott erläuterten während einer Andacht, warum der Friedhof in Friedrichsdorf ein „Ort der Hoffnung“ ist. Fotos: fra

Der Posaunenchor bereicherte die Andacht.

Alexander Kellner präsentiert die Bilder der Kinderkirchenkinder zum Thema.

FRIEDRICHSDORF – „Friedhöfe sind Orte der Ruhe.“ Mit diesen Worten begann Pfarrer Alexander Kellner die Andacht zum Ewigkeitssonntag auf dem Evangelischen Friedhof in Friedrichsdorf. Und sie sind noch mehr: Sie geben Zeugnis „vom Leben und von unserem Glauben sowie „von unserer Trauerkultur.“

„Was werden Archäologen finden, die in einer fernen Zukunft heutige Friedhöfe entdecken und analysieren?“ fragte Kellner und nahm sowohl die moderne anonyme Bestattung in den Blick als auch die Dinge, die Trauernde ihren Verstorbenen in den Sarg oder in das Grab legen. Aber er erinnerte auch an die Art und Weise wie frühere Generationen mit Friedhöfen umgegangen seien. Heutige Orte der Ruhe seien früher durchaus Orte mit Lärm, Tanz und Gesang, also Teil und Spiegel des Lebens gewesen. Viele Menschen scheuten heute sogar einen Gang auf oder über einen Friedhof, weil er so still und manchmal auch menschenleer sei.
Um Evangelische Friedhöfe als Orte des Lebens und der Hoffnung wieder mehr in den Blick zu rücken, hat die Evangelische Kirche von Westfalen eine Initiative gestartet und unterstützt Kirchengemeinden, die ihre Friedhöfe zu „Orten der Hoffnung“ machen wollen. Einerseits gebe es jetzt Banner, Schaukästen, Postkarten und weiteres Werbematerial zur Initiative, erläuterte Claudia Rott aus dem Landeskirchenamt. Andererseits sind teilnehmende Gemeinden aufgerufen, in Kinder- und Jugendgruppen, im Konfirmationsunterricht oder in Gruppenstunden für Erwachsene das Thema anzusprechen und zu bearbeiten.
Die Kirchengemeinde Friedrichsdorf ist eine von drei Pilot-Gemeinden in Westfalen und eine von zehn Pilot-Gemeinden in den drei nordrhein-westfälischen Landeskirchen. „Wir haben schon einige Aktionen in den vergangenen Wochen durchgeführt“, berichtete Pfarrer Kellner. So sind die Kinder der Kinderkirche mit kleinen Schaufeln auf den Friedhof gezogen und haben einen Apfelbaum gepflanzt. Außerdem haben sie Bilder von ihren ganz persönlichen „Orten der Hoffnung“ gemalt. Das haben auch die Konfis getan. Friedhöfe kamen dabei nicht vor, wohl aber Häuser, ein geliebtes Tier, Symbole für Menschen oder ein Bett.
Ausgestellt waren die Bilder am Ewigkeitssonntag auf dem Friedhof in Friedrichsdorf, auf dem nun spezielle Schilder darauf aufmerksam machen, dass er ein „Ort der Hoffnung“ ist.

Raum für Glauben und Gottesdienst
Die christliche Hoffnung gründet im Vertrauen darauf, dass der Tod nicht das letzte Wort hat. Ein Friedhof ist daher auch ein Ort der Erinnerung, wo Trauer und Schmerz zugelassen werden – und wo Menschen der Zuversicht begegnen, dass die Verstorbenen bei Gott geborgen sind. Deshalb bietet ein evangelischer Friedhof Raum, den Glauben weiterzugeben und Gottesdienst zu feiern. Das geschieht nicht nur bei Bestattungen, sondern eben auch am Ewigkeitssonntag oder an Ostern mit der Erinnerung an die Auferstehung Jesu.
All das macht die Kampagne „Ort der Hoffnung“ deutlich. Zunächst äußerlich durch das Logo auf Schildern, in Schaukästen, auf Briefpapier oder Postkarten. Inhaltlich mit Aktionen in den Gemeindegruppen.
Außerdem stehen Pfarrerinnen und Pfarrer in schweren Zeiten als Seelsorgerinnen und Seelsorger zur Verfügung. „Ein fürsorglicher und menschlicher Umgang mit den Menschen auf unseren Friedhöfe zeichnet uns aus“, betonte Claudia Rott in ihrem Grußwort und wies darauf hin, „Am ‚Ort der Hoffnung‘ gibt es keine anonymen Grabstätten: Bei Gott ist niemand ohne Namen.“ Jeder Mensch habe ein Recht auf Erinnerungen, Würde, Identität und Einzigartigkeit. Oft tue es den Hinterbliebenen gut, einen festen Ort zu haben, an dem sie ihren Schmerz und ihre Trauer zulassen könnten.
Viele Friedhöfe haben ein liebevoll gestaltetes Feld für „Sternenkinder“: Tot- und Fehlgeburten können hier beerdigt werden. Damit kommt die tröstliche Hoffnung zum Ausdruck, dass auch diese Kinder bei Gott nicht vergessen sind. Zur Kultur der Nächstenliebe gehört es auch, dass mittellose Menschen, deren Angehörige keine Bestattung bezahlen können, mit geringsten Mitteln des Sozialamtes würdig bestattet werden. Auch sie finden, namentlich genannt, auf dem Evangelischen Friedhof ihre letzte Ruhe.
Der Friedhof in Friedrichsdorf ist zudem ein Ort, an dem das Engagement der Gemeinde für die Bewahrung der Schöpfung zum Ausdruck kommt. Eine Wiese, deren Blumen während des ganzen Jahres Insekten anlocken, ist ein zusätzliches Hoffnungszeichen, ebenso wie der Apfelbaum, den die Kinder gepflanzt haben.         (fra)