Pfarrer sein ist „sein Ding“

Seit einem Vierteljahrhundert agiert Wilhelm Zahn in der Evangelischen Kirchengemeinde Sennestadt

Mit Kollege Volker Gravemeier feierte Wilhelm Zahn sein Dienstjubiläum, begleitet von seinen Kinder Paul und Johanna Zahn sowie Ehefrau Gabriele Gawlas-Zahn (von links). Foto: Sibylle Kemna

Sennestadt. Gelassenheit, Fröhlichkeit und Gottvertrauen – das sind Eigenschaften, die ihn auszeichnen und die ihm wichtig sind. Das machte Wilhelm Zahn im Gottesdienst deutlich, der im Zeichen seines Dienstjubiläums stand. Seit 25 Jahren ist er Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Sennestadt.

„So viele Menschen kommen sonst nur am Heiligen Abend“, kommentierte eine Gottesdienstbesucherin den regen Zulauf zur Jesus-Christus-Kirche. Viele Menschen, die von Zahn getauft, konfirmiert, getraut oder in einem anderen Lebensabschnitt betreut wurden, wollten Danke sagen „für die segensreiche Tätigkeit eines Vierteljahrhunderts“, wie Pfarrer Volker Gravemeier es auch tat, der von ihrer „sehr engen, vertrauensvollen Basis“ schwärmte. Diese sei unter Kollegen „ein besonderes Geschenk.“


Am ersten August 1990 hatte der damals 34-Jährige die Stelle des fünften Pfarrers in Sennestadt angetreten. „Jetzt sind es nur noch zwei und auch aus fünf Häusern sind zwei geworden“, resümierte Zahn. „Meine Güte, was hat das manchmal hier gescheppert“, meinte er grinsend und erinnerte sich an Auseinandersetzungen mit dem Presbyterium über einen schwulen Jugendmitarbeiter auf einer Freizeit oder auch an die Kürzungen. „Das ist wohl wie bei einer Ehe, letzten Endes verbinden einen diese Auseinandersetzungen“, lautete sein Resümee.

Horst Venjakob erinnerte als langjähriger Presbyter daran, welche Neuigkeiten Zahn eingeführt hatte: Nicht nur, dass seine Frau Gabriele „weiter arbeitete“, er nahm auch noch Erziehungsurlaub und arbeitete danach erst mal halbe Tage – das hatte es vorher in der Sennestadt noch nicht gegeben. Auch das Sabbatjahr, das er 2008 nahm, war ein Novum. „Das habe ich gebraucht, da war ich wirklich alle“, erinnerte sich der 59-Jährige Vater von drei Kindern, der vor dem freien Jahr, in dem er zu Fuß durch Deutschland bis zum Bodensee wanderte, „auf dem letzten Loch gepfiffen“ hatte, nachdem er mit Pfarrer Schilling vier Stellen abdecken musste.


Doch das Sabbatjahr habe ihm auch klar gemacht, dass dieses Amt sein „Ding“ ist. „Ich liebe diese Vielfalt, es ist ein schöner Beruf“, sagte er, auch an die vielen jungen Menschen im Gottesdienst gewandt. „Man hat zu tun mit dem ganzen Leben von der Taufe bis zum Sterben“, erklärte er und reicherte seine Rede mit zahlreichen kleinen Anekdoten an, die lustige Begegnungen mit Menschen seiner Gemeinde schilderten.


Zahn bedankte sich bei allen Aktiven, den Gruppen, die von Ehrenamtlichen getragen werden, den Sängern und Musikern, dem Presbyterium und den Kollegen und hauptamtlichen Mitarbeitern. Elf Kollegen und drei Kirchmeister hat er kommen und gehen sehen, rund 600 junge Menschen konfirmiert und mehr als 1000 Sennestädter beerdigt. Viele schöne Erlebnisse mit den Jugendlichen, aber auch „richtig bewegende Trauerseminare“ fallen ihm ein beim Rückblick. „Ich danke ihnen für das Vertrauen, sie haben mir wunderbare Geschichten und schreckliche Schicksale anvertraut“, sagte er der Gemeinde. „Deshalb bin ich gerne Pfarrer, das ist ein wunderbares Verkehrsmittel.“


„Als ich hier angefangen habe, gab es noch keine Handys“, erklärte er schmunzelnd und betonte immer wieder, dass alles seine Zeit habe. „Ihr wisst ja alle, wie sehr mir die Zukunft dieser Erde am Herzen liegt“, sagte Zahn und forderte die Menschen auf, nachzudenken, wo sie dazu ihren Beitrag leisten können.

Sibylle Kemna