Gütersloh. Googelt man „Quereinstieg + Pfarramt“, so landet man u.a. auf einer Webseite der Ev. Kirche in Deutschland (EKD), auf der die Überschrift „Quereinstieg ins Pfarramt – wie geht das?“ in dicken, großen Buchstaben steht – und weitere Erläuterungen folgen zum Thema „mit dem nebenberuflichen Theologiestudium und Vikariat in den kirchlichen Dienst.“ Quereinstieg ins Pfarramt bedeutet aber auch, Ausstieg aus dem bisherigen Beruf in einem Alter, in dem man sich eigentlich im Job etabliert oder auf der Karriereleiter schon ein paar Strossen erklommen hat.
Auf diesen Weg hat sich Dr. Annabel Höpfner zu Beginn der Pandemie 2020 gemacht. Mit 46 Jahren hat die promovierte Biologin, die in diesem Beruf eine ansehnliche Stelle hatte, diesen Weg nach intensiven Überlegungen eingeschlagen.
Annabel Höpfner wurde 1974 in Eldagsen bei Springe in Niedersachsen geboren, 1994 machte sie ihr Abitur am Gymnasium in Springe. Von hier führte ihr Weg sie zunächst nach Bielefeld-Bethel, wo sie eine Ausbildung zur Medizinisch-technischen Laboratoriumsassistentin absolvierte, und dann ans Herzzentrum in Bad Oeynhausen. Von 1999 bis 2005 studierte sie an der Bielefelder Universität Biologie, finanzierte das Studium durch Arbeit in ihrem erlernten Beruf. Zur Promotion wechselte sie 2006 an die Uni Hannover. Dort beschäftigte sie sich bis 2009 mit biochemischen Prozesse in Apfelbäumen.
Ihre erste berufliche Station als promovierte Biologin lag in Dortmund bei einem Wirtschaftsunternehmen. 2010 heiratete Dr. Höpfner und ihre Zwillinge wurden ein Jahr darauf geboren. Da die Arbeitsstelle ihres Mannes weiterhin in Bielefeld war, nahm sie 2012 eine Stelle als Fakultätsreferentin der Fakultät für Biologie an. „Ich war froh, dass wir als Eltern wieder in der gleichen Stadt arbeiten konnten, aber im Job war ich irgendwann unzufrieden“, erinnert sie sich. Also begann sie mit der Suche nach einer neuen Herausforderung.
Bald stellte sie fest, dass ihr Engagement in der Kirche „bei Familie und Job zu kurz kam.“ Und das war ihr immer auch wichtig gewesen. Annabel Höpfner googelte, führte Gespräche mit Fachleuten, der Familie und im Freundeskreis. Klar war ihr, dass die Familie und sie in Bielefeld bleiben würden, ihr Ehemann ist hier in der Universität als Meister Zierpflanzenbau angestellt. Zu einer Familienfeier brachte ein Gast einen Zeitungsausschnitt über die Kirchliche Hochschule Wuppertal mit, in dem ein Masterstudiengang für Quereinsteiger*innen in die Theologie vorgestellt wurde. Sie recherchierte weiter, bis ein Gesprächspartner ihr zwei Dinge sagte: Die Kirche brauche Quereinsteiger*innen und „Sie haben sich doch schon entschieden.“ Manchmal, so sagt sie heute, brauche es einen Menschen, der die eigenen Gedanken ausspricht.
Annabel Höpfner wählte den berufsbegleitenden Studiengang „Master of Theological Studies“ an der Uni Greifswald, weil sie dafür nur zwei Präsenzwochen pro Semester absolvieren musste, die Lehre ansonsten digital zu absolvieren war und keine Studiengebühren fällig wurden. Sie schrieb sich für das Wintersemester 2020/21 ein und startete in der Pandemie mit dem berufsbegleitenden Theologiestudium. Das bedeutete: Sie arbeitete weiter an der Biologie-Fakultät, lernte Griechisch und Hebräisch, war für die Familie da – eine große organisatorische Leistung.
Nach erfolgreichem Master-Abschluss ist Dr. Annabel Höpfner nun als Vikarin in der Ev. Kirchengemeinde Gütersloh gelandet, ihr Mentor ist Pfarrer Hans-Jörg Rosenstock – bei seinem Bruder Prof. Dr. Roland Rosenstock hat sie in Greifswald studiert. „Das ist für mich ein spannender Zufall“, sagt sie und lacht.
In den Veränderungsprozess, in dem sich die Kirchengemeinde Gütersloh gerade befindet, bringt Dr. Höpfner ihr umfangreiches und breites Vorwissen ein. Sie blickt mit ihren Erfahrungen aus einer Gemeinde im ländlichen Niedersachsen, als Biologin mit Erfahrungen in Personal-, Finanz- und strategischer Planung, als Familienfrau und als ehemalige Presbyterin in Bielefeld-Schildesche auf die aktuelle Situation. Sie ist neu in der Gemeinde und „hängt nicht so emotional drin“, denkt sie. Sie sieht Trauer in den Abschieden und ein Sehnen nach Zukunft. Das alles zu begleiten, ist ihr wichtig und empfindet sie als große Bereicherung.
Wenn an dieser Stelle schon ein Fazit möglich ist, dann dies: Der Quereinstieg in den Pfarrberuf mit einem berufsbegleitenden Theologiestudium ist für alle ein Gewinn. fra