Teilhabe trotz Behinderung

Bis 31. Juli zeigt die Evangelische Stiftung Ummeln Ausstellung mit weiblichen Vorbildern

Bei der Ausstellungseröffnung: Petra Höger, Hans Laustroer und Uwe Winkler (von links) vor dem Porträt Rosa Luxemburgs. Foto: Kerstin Jacobsen

Ummeln.  Was war Margarete Steiff, Rosa Luxemburg, Frida Kahlo und Hildegard Knef gemeinsam? Sie waren chronisch krank oder behindert und sind doch berühmt geworden. Insgesamt 24 Portraits und Lebensgeschichten bedeutender Frauen mit Handicap präsentiert die Wanderausstellung „Berühmt und behindert?“, die bis Ende Juli im Haus „Begegnung Beratung Bildung“ (Birkenstraße 1) der Evangelischen Stiftung Ummeln zu sehen ist.

 

Die Portraits – ausdrucksstarke Bleistiftzeichnungen – stammen von der bereits 2003 verstorbenen Künstlerin Tatjana Muster. Mit Krankheit und Behinderung kannte sie sich aus, war sie doch selbst nach schwerer Krankheit mit 20 Jahren ertaubt. Prägnante Texte schildern Leben und Verdienste der dargestellten Frauen. Die Ausstellung des Dresdner Vereins „Lebendiger Leben!“ wurde bereits in Mainz, Regensburg, Kiel und Leipzig gezeigt. Die Evangelische Stiftung Ummeln hat sie durch weitere Medien wie Fotos und Filme ergänzt, die per Beamer zu sehen sind. Begleitende Lese- und Musikabende sind ebenso möglich wie Bildbesprechungen.

 

„Behinderungen und chronische Erkrankungen führen oft zu wenig Teilhabe an der Gesellschaft“, sagte Petra Höger bei der Vernissage. Dies gelte besonders für Frauen, so die Bereichsleiterin „ambulante Hilfen“ weiter.

 

Dass es auch anders geht, zeigt die Ausstellung: Margarete Steiff (1847 bis 1909) saß im Rollstuhl und gründete ein weltweit bekanntes Unternehmen. Die Politikerin Dr. Rosa Luxemburg (1871 bis 1919) war gehbehindert - und schritt der der europäischen Arbeiterbewegung voran. Die Folgen eines Verkehrsunfalls fesselten Frida Kahlo (1907 bis 1954) über Jahre ans Bett. Ihre ständigen Schmerzen verarbeitete die bedeutendste Malerin Mexikos in ihren Bildern. Die sucht- und lungenkranke Hildegard Knef (1925 bis 2002) war eine international bekannte Sängerin, Schauspielerin und Schriftstellerin.

 

Bei der Ausstellung geht es vor allem um die Lebensgeschichten der teils bis heute berühmten Frauen. Höger: „Sie sind besondere Vorbilder, gerade für Mädchen und Frauen mit Behinderungen.“ Die dargestellten Frauenbiografien sieht auch Hans Laustroer als Chance: „Unsere Klienten können sich den Frauen biografisch nähern und so einen Bezug zur eigenen Lebensplanung herstellen“, erläutert der Bereichsleiter „Eingliederungshilfe ambulant“.

 

Darüber hinaus hofft die Evangelische Stiftung Ummeln auf das Interesse der Anwohner. „Wir wollen auch die Menschen des Stadtteils zusammenbringen“, betont Petra Höger. So soll es künftig möglich sein, die 90 Quadratmeter großen Räume mit Teeküche für Veranstaltungen zu vermieten. Auch Vorstandsprecher Uwe Winkler will die Birkenstraße 1 zur Begegnungsstätte für Menschen im Ort - unabhängig von einer Behinderung - machen. Der Pfarrer mag es nicht, wenn Menschen mit Begriffen wie „behindert“ oder „nicht normal“ abgestempelt werden: „Was ist denn normal, was nicht?“

Die Ausstellung „Berühmt und behindert?“ ist bis Ende Juli montags und mittwochs von 9 bis 12 Uhr sowie donnerstags von 16 bis 19 Uhr geöffnet. Weitere Termin sind nach Vereinbarung möglich unter E-Mail.

kj