Ungewöhnliche Musik eines ungewöhnlichen Komponisten

Frenetischer Applaus bei Uraufführung von Werken des August Röse in Brackwede und Gütersloh

Brackwede/Gütersloh. Bei Musikkennern in Ostwestfalen ist er wohl kein unbekannter mehr, der Biologie- und Musiklehrer August Röse (1821-1873) aus Schnepfenthal in Thüringen. Jetzt wurde seine Orchesterouvertüre von Rainer Timmermann gemeinsam mit Daniel Debrow in Brackwede und Gütersloh im Guten Hirten uraufgeführt. 

Mehr als die bereits aufgeführten Festtagsoratorien glänzt dieses Werk durch seine effektvollen musikalischen Einfälle. In barocker Manier wird es im Orchestertutti mit Pauken und Trompeten (Reinhard Ramsbrock, Friedrich-Wilhelm Niedernolte, Moritz Ramsbrock) eröffnet. Anschließend sprudeln die Themen nur so im Orchester hervor. Flötenkaskaden (Angelika Sommer, Rolf Westenfelder) farblich angereichert durch die Rohrflöten (Oboe: Elisa Harbig, Fagott: Christiane Koch) wechseln sich mit zärtlichen romantischen Streichermelodien, angeleitet durch Lauré-Claire Graf als Konzertmeisterin ab. Effektvoll setzt Röse die Triangel (Lydia Timmermann) ein. 
Das Genesisorchester hatte sich gut auf diese Uraufführung vorbereitet und lies sich gekonnt auf die wirkungsvolle Klangsprache Röses ein, was mit frenetischem Applaus vom Publikum gewürdigt wurde. 
Im zweiten Teil des Konzertes stand die Festkantate „Vereinigte Zwietracht“ von Johann Sebastian Bach auf dem Programm. Hier erwiesen sich die Solisten Alina Palus (Sopran), Ulrike Westenfelder (Alt), Martin Storz (Tenor) und Florian Hokamp (Bass) sowohl in den Arien als auch in den Recitativen als souveräne Interpreten der allegorischen Figuren Dankbarkeit, Glück, Ehre und Fleiß. Mit Ausdruckskraft und Musikalität vorgetragen wurde der für die heutige Zeit manchmal als etwas schwülstig empfundene Text von Picander inhaltlich nachvollziehbar. 
Der Chor RONDO VOCALE konnte sich sowohl im Eingangschor der Kantate als auch im Finale „Jauchzet Gott, alle Lande“ aufs trefflichste mit dem großen Orchester klanglich vereinen. Einen Einblick in die ökonomische Kompositionstechnik Bachs bekamen die Konzertbesucher*innen durch die Gegenüberstellung dieser Kantate mit Sätzen aus dem 1. Brandenburgischen Konzert. Obwohl die Musik identisch ist, erfährt sie durch die Textierung eine ganz neue Bedeutung. 
Endlich konnte Ende Mai auch die Bearbeitung des 4. Satzes der 9. Sinfonie aufgeführt werden, die Rainer Timmermann im Beethovenjahr 2020 arrangiert hatte, deren Aufführung aber coronabedingt ausfiel. Hier durften die Zuhörer*innen zu den Originalklängen von Beethoven die „Ode an die Freude“ mitsingen. 
Zum Schluss war Röses Osterkantate in voller Orchesterbesetzung zu hören. Damit sind alle seine bisher entdeckten Orchesterwerke und Kantaten in Gütersloh uraufgeführt. Nach verdientem Applaus beschloss das gemeinsam gesungene „Freude schöner Götterfunken“ den Abend.         Rainer Timmermann