Vesperkirche rührt wieder in den Töpfen

Anfang Februar bitten die Veranstalter zu Tisch. Wegen der Heizkosten ist die Veranstaltung auf eine Woche beschränkt – aber die hat es in sich.

Gütersloh. Die Gütersloher Vesperkirche soll wieder wie früher werden – ein munterer Taubenschlag. Beisammensitzen, plaudern, sich bewirten lassen, die Geselligkeit genießen: So lautet nach zwei mageren Pandemiejahren das Glücksversprechen der Organisatoren. Einlösen wollen sie es schon bald.
So wird die gewärmte, umgestaltete Martin-Luther-Kirche vom 5. bis 12. Februar geöffnet sein. Nur acht Tage, eine Woche kürzer als sonst. Aber diese acht Tage haben es nach Angaben der Organisatoren in sich.
Denn: Die Vesperkirche beschränkt sich dieses Mal nicht auf die Mittagszeit plus einiger Abendveranstaltungen. Stattdessen ist ein Programm eingestielt, das sich über den kompletten Tag erstreckt, von frühmorgens bis spätabends: Es gibt Frühstück, Mittagessen, Kaffee/Kuchen, Abendbrot, alles gratis, alles von ehrenamtlichen Helfern serviert, die sich über das Vesperkirchen-Portal für Dienste eintragen können. Dazu etliche Kulturveranstaltungen und weiteres Begleitprogramm. 
Warum die Änderungen, warum so verdichtet? „Zunächst, um Heizkosten zu sparen“, sagt Nils Wigginghaus, Mitglied des ehrenamtlichen Organisationsteams. Die Martin-Luther-Kirche, von der Kirchengemeinde wegen der Energiepreise bis einschließlich März in den Winterschlaf versetzt, werde eigens für die Vesperkirche aufgeheizt. Das wisse man zu schätzen, wolle es aber nicht strapazieren. 
Zweitens, so Wigginghaus, um einem größeren Interessentenkreis die Möglichkeit zum Besuch der Vesperkirche zu eröffnen. „Viele haben mittags keine Zeit, in die Stadt zu kommen, zu einer anderen Tageszeit aber schon. Vielleicht haben manche auch eher Lust auf Frühstück oder Kaffee und Kuchen? Es ist ein Experiment, wir schauen mal, wie es angenommen wird.“
Drittens erlaube die gestreckte Variante eher, Gästen, die wegen Corona oder anderer Viren zur Vorsicht neigen, etwas Abstand zu ermöglichen. „Sie können Vesperkirche erleben, ohne dicht an dicht sitzen zu müssen“, sagt Albrecht Waschau. Auch ihnen wolle man die Türen öffnen.
So oder so sind die Organisatoren glücklich, nach zwei Jahren, in denen es Essen und Kontakte nur „to go“ gab, wieder das volle Format anbieten zu können: Gemeinsam an den bunten Tischen sitzen, eine Mahlzeit einnehmen, über Gott und die Welt palavern. Dass es dabei hauptsächlich ums Essen geht, ist nur vordergründig richtig: Vielmehr geht es den Organisatoren darum, Menschen zusammen zu bringen, egal was sie sind, denken oder glauben. 
Die Idee der Vesperkirche, den Gemeinsinn zu stärken, sei wichtiger denn je, sagt Pfarrer Stefan Salzmann, Mitglied im Organisationsteam. „Wir stellen enorme Vereinsamungstendenzen fest“, sagt er. Die Zahl der Menschen, die kaum noch Kontakte haben, die sich kaum trauen, ihre Wohnungen zu verlassen, nehme stetig zu. „Das berührt uns zutiefst“, sagt Salzmann. Deren Isolation zu durchbrechen, sei eine Aufgabe der gesamten Stadtgesellschaft. 
Begleitet wird die Vesperkirche wie in den Anfangsjahren von einem umfassenden Kultur- und Rahmenprogramm. Dazu zählen die täglichen Kurzkonzerte der beiden Gütersloher Musikschulen (16 und 18 Uhr), die täglichen Denkanstöße („spirituelle Impulse“, mittags und abends), die Seelsorge und Beratungsangebote, die beiden interreligiösen Gottesdienste am Eröffnungs- und am Schlusstag.
Neu, dank einer Kooperation mit dem Kreissportbund, ist das Angebot „Sport in der Kirche“: An drei Nachmittagen wird es zwischen den Kirchenbänken rhythmisch, sportlich, irgendwie gymnastisch zugehen. „Wir sind gespannt, wie das ankommt und was sich daraus entwickelt“, sagt Ludger Osterkamp. Geplant sei, dass Übungsleiter von Vereinen in die Kirche kommen und die Teilnehmer anleiten.
Reizvoll auch die Idee von Steffen Böning, den Nachmittagskuchen unter anderem von der Volkshochschule zu beziehen: Die VHS hat dafür eigens Kurse mit dem Titel „Backen für die Vesperkirche“ aufgelegt – Anmeldungen schon möglich.  
Beim Kulturprogramm sind die Organisatoren noch beim Feinschliff. „Einiges steht aber schon fest“, sagt Dörte Sonnabend. Ein Rudelsingen mit Heike Hagenlüke, ein Quizabend mit Matthias Borner, ein Stummfilm mit Klavierbegleitung von Jens Hullermann, Filmvorführungen, ein Konzert, der Auftritt eines Impro-Theaters: Das Programm werde abwechslungsreich sein, verspricht Sonnabend.        (kkgt)