Wandel in der Pflege

Diakoniestation Gütersloh feiert 40. Geburtst

Bürgermeister Henning Schulz, Diakonie-Vorstand Björn Neßler, Corinna Pook (Pflegedienstleitung Diakoniestation Gütersloh), Frank Schneider, Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Gütersloh, und Pfarrer Michael Frentrup. Foto: Diakonie Gütersloh.

Gütersloh – Für die Pflege im Kirchenkreis Gütersloh markierte das Jahr 1976 eine Wende – hatten sich doch bis dahin vor allem Gemeindeschwestern um Ältere und Pflegebedürftige gekümmert. Als die Zahl der Gemeindeschwestern immer weiter abnahm, musste umgedacht werden. Die Pflege wurde professionalisiert – und am 1. Oktober aus der Gemeindepflege heraus die Diakoniestation Gütersloh gegründet. Am Samstag feierte sie ihr 40-jähriges Bestehen mit einem Tag der offenen Tür.

Diakoniestationen sind die ambulanten Dienste der Diakonie Gütersloh und pflegen Menschen in ihrer häuslichen Umgebung.

„Die Pflege 1976 und 2016, das kann man heute kaum mehr vergleichen“, sagte Diakonie-Vorstand Björn Neßler anlässlich des runden Geburtstags. Neue Therapie- und Behandlungskonzepte, modernere Hilfsmittel: All das habe die Pflege und ihre Qualität entscheidend verändert. „Am Anfang haben die Mitarbeiterinnen noch ausrangierte Pflegebetten aus dem Krankenhaus in einem Bulli zu den Patienten transportieren müssen“, blickte Neßler zurück. „Diese Zeiten sind lange vorbei. Gleich geblieben ist jedoch der Grundgedanke: Dass wir den Menschen möglichst lang ein selbstbestimmtes Leben zu Hause ermöglichen wollen. Der Umzug ins Pflegeheim sollte immer die letzte Lösung sein.“

Die Bedeutung einer Pflege in den eigenen vier Wänden hob auch Bürgermeister Henning Schulz in seinem Grußwort hervor: „Der ‚run in the city‘, das ist nicht die Mehrheit. Die Mehrheit möchte in ihrem Heim alt werden. Diese Arbeit, die Sie leisten, ist genau deshalb so wertvoll: weil Sie dieses Umfeld sichern.“

Christliche Grundhaltung prägt Pflege
„Trotz der 1976 eingeleiteten Professionalisierung der Pflege haben wir uns immer bemüht, dass die Nähe der Diakonie zu den Kirchengemeinden nicht verloren geht“, betonte zudem Superintendent Frank Schneider vom Evangelischen Kirchenkreis Gütersloh. „Sie sind das Gesicht der Diakonie“, lobte er die Pflegekräfte. „Trotz Kostendruck und Zeitmangel versuchen sie, den Pflegebedürftigen mit einer Haltung zu begegnen, die unsere christliche Grundhaltung widerspiegelt: Achtung vor dem Nächsten und Respekt gegenüber den Pflegebedürftigen. Ihre menschliche Würde als Ebenbild Gottes ist immer zu achten.“ Heute sei die Diakonie hochprofessionalisiert und stehe den Menschen in allen Lebenslagen zur Seite: „Diakoniestationen, Sozial- und Lebensberatungsstellen, Schwangerenkonflikt- und Suchtberatungsstellen, Beratungsstellen für Eltern und Kinder, nicht zuletzt Kindertagesstätten sowie jetzt auch Begegnungsmöglichkeiten und Unterstützungssysteme für Flüchtlinge“, zählte Superintendent Schneider einige Leistungen auf. Er bezeichnete diese Beispiele als „wichtigen Beitrag für unsere Gesellschaft“.

Weiterentwickelt
Heute betreuen die 25 vor allem weiblichen Mitarbeiter der Diakoniestation Gütersloh rund 110 Klienten im Stadtgebiet. Wie genau diese ambulante Pflege heute aussieht, davon konnten sich die Gäste am Samstagnachmittag beim Tag der offenen Tür in der Diakoniestation an der Kirchstraße selbst ein Bild machen – musikalisch untermalt durch die Auftritte von „Singing Connection“, dem Chor der benachbarten Begegnungsstätte „Café Connect“. Pflegedienstleitung Corinna Pook und ihre Mitarbeiter gewährten nicht nur Einblicke in ihre Räumlichkeiten, sondern beantworteten auch Fragen zu Therapiekonzepten wie Bobath und Mäeutik.

Pook ist zudem die Leiterin des Schlaganfall-Netzwerks für den Kreis Gütersloh – eines Zusammenschlusses von Akteuren aus dem pflegerischen, medizinischen und therapeutischen Bereich. Die Kooperation der verschiedenen Disziplinen untereinander soll die ambulante Nachsorge für Schlaganfall-Patienten verbessern. Für Corinna Pook war die Gründung des Netzwerks 2013 nur der nächste logische Schritt in Sachen Weiterentwicklung: „Die Zahl der Schlaganfälle steigt allein im Zuge des demografischen Wandels Jahr für Jahr. Darauf muss auch die Pflege reagieren“, betonte sie: „Viel zu oft folgt für Betroffene auf den Schlaganfall der Umzug ins Pflegeheim – obwohl es gar nicht nötig wäre, wenn es alle Therapie- und Behandlungsmöglichkeiten ausgenutzt werden würden.“ Aber alleine durch diesen Nachsorge-Dschungel zu finden, sei schwer. Pook: „Hier setzt das Netzwerk an, berät und begleitet die Klienten, damit diese möglichst lange weiter zu Hause leben können.“

Das Schlaganfall-Netzwerk ist dabei eines von dreien der Diakonie: Zwei weitere widmen sich den Krankheitsbildern Demenz beziehungsweise Diabetes. Bei allen fehle derzeit noch die Refinanzierung durch die Kassen, bedauerte Diakonievorstand Björn Neßler am Samstag: „Wir müssen deswegen sehen, dass die Kassen endlich die Vorteile der Netzwerke erkennen und dann auch entsprechend bei der Finanzierung unterstützen.“ (Diakonie)