Weihnachten feiern in Zeiten von Corona

Wie die Stukenbrocker Christ*innen um eine Präsenzfeier am Heiligen Abend kämpften und doch im Netz landeten

Reinhard E. Bogdan verbindet große Hoffnungen mit den Möglichkeiten des hochwirksamen Luftfilters der Firma „insensiv“ in der Friedenskirche. Foto: CG

Schloß Holte - Stukenbrock. Weihnachten in Corona-Zeiten – besonders die Gottesdienste am Heiligen Abend sollten etwas ganz Besonderes werden. Das Presbyterium und allen voran, Pfarrer Reinhard E. Bogdan, wollten möglichst vielen großen und kleinen Christ*innen eine Christmette oder die Teilnahme an einen Familiengottesdienst in der Friedenskirche ermöglichen. Wochenlang wurde geplant und wieder verworfen. Sollte es der Fußball-Platz unter freiem Himmel werden oder die große Reithalle? Dort hätte es sogar einen Esel und lebendige Schafe gegeben. Aber allein die Verlegung eines Fußbodens hätte 5.000 Euro gekostet.

So einigte man sich schließlich auf mehrere Gottesdienste am Heiligen Abend in der auf Abstand bestuhlten und weihnachtlich geschmückten Friedenskirche. „Schon Wochen vorher haben wir Karten vergeben, damit einzeln oder in der Familie die Stukenbrocker am Weihnachtsgottesdienst teilnehmen konnten.“ Allein die Kartenproduktion war aufwändig, erinnert sich Reinhard Bogdan an viel Arbeit im Advent.
Dann sah der Pfarrer einen WDR-Beitrag über eine Bielefelder Firma, die ihre Produktion ganz auf leistungsstarke Luftfilter-Anlagen umgestellt hatte. Er nahm sofort Kontakt auf und bekam eine Antwort. Im Gespräch mit dem Kirchmeister zeichnete sich bald ab, dass 13.500 Euro pro Kirchenraum einfach zu teuer seien. Daraufhin fragte Reinhard Bogdan nach der Möglichkeit zu leasen. Aber für einen Tag? Fast war auch diese Möglichkeit für einen sicheren Gottesdienstbesuch in Corona-Zeiten schon wieder vom Tisch.
Doch dann schaltete sich der Chef der Firma „insensiv“ ein und machte ein weihnachtliches Angebot: „Für einen ausführlichen Praxisbericht, also Gemeinde als Warentester“, wolle er jeweils ein Gerät pro Kirche über Weihnachten zur Verfügung stellen, kostenfrei. Was für eine Möglichkeit! Doch draußen tobte der Virus weiter und die Zahlen stiegen ins Bedrohliche.
Daraufhin schaltete sich Präses Annette Kurschus in die öffentliche Diskussion ein und bat alle Gemeinden um Zurückhaltung. Sie schlug auch für die Weihnachts-Gottesdienste ausschließlich digitale Wege vor.
„Da waren wir erstmal sauer und traurig. Wir hatten doch so lange um eine sichere Situation gerungen“, erinnert sich Reinhard Bogdan jetzt an einen schwarzen Moment. „Da war klar, dass wir absagen müssen. Kurze Zeit später stornierten auch die katholischen Nachbarn alle Präsenzfeiern“, sagt Reinhard Bogdan mit Blick auf die Tage direkt vor Weihnachten.
Sofort glühten die Gemeindedrähte und so konnten in kürzester Zeit mit eigenen Leuten zwei „Weihnachtsvideos“ für den gemeindeeigenen YouTube-Kanal gedreht werden. Mit Musik, Gesang und Weihnachtsbotschaft in festlich geschmückter Umgebung. „Wir haben sehr viele Dankesbotschaften aus der Gemeinde bekommen, darüber haben wir uns sehr gefreut“, ist der Pfarrer mit seinen zahlreichen Mitstreiter*innen mittlerweile wieder mit der Situation versöhnt.
Doch die Trauer ist auch da. Kaum Spendengelder für Brot für die Welt oder das bunte Kirchenfenster des aktuellen Konfirmanden-Jahrgangs. Oder über den Verzicht seit Monaten auf erlebte Kinderkirche und Konfirmanden-Unterricht, fehlende Geburtstagsbesuche und tröstende Begegnungen innerhalb der Gemeinde. „In der Seelsorge in Corona-Zeiten wird das Telefon immer wichtiger“, zeigt Reinhard Bogdan aber auch seine persönliche Grenze auf: „Beerdigungsgespräche mache ich nie online“. Nicht nur dafür ist der Hightech-Luftfilter in der Friedenskiche gerade ein großer Segen und bietet eine sichere Möglichkeit. „Die Zeit ist absolut ‚schräg‘; zeigt uns aber auch, was trotzdem möglich ist!“         (CG)