„Wir bringen zuerst Zuspruch mit“

Stephanie Höhner wird in der Kreuzkirche Wiedenbrück ordiniert

Stephanie Höhner in der Kreuzkirche. Foto: fra

RHEDA-WIEDENBRÜCK – Wer ihr begegnet, spürt sofort: Sie fühlt sich wohl in ihrem Beruf, sie hat gerne mit Menschen zu tun und sie ist mit Leib und Seele Pfarrerin: Stephanie Höhner ist seit ein paar Monaten als Pfarrerin im Probedienst in der Evangelischen Kirchengemeinde Rheda-Wiedenbrück und im Pfarrbezirk der Kreuzkirche tätig. Sie ist im Ostwestfälischen angekommen und freut sich darüber, dass „ich hier so herzlich und offen aufgenommen werde.“ Jetzt wird sie in der Wiedenbrücker Kreuzkirche von Superintendent Frank Schneider ordiniert.

Die 31-Jährige hat sich bisher ein bisschen umgesehen im Leben und in der Welt. Geboren und aufgewachsen ist sie in Hattingen/Welper. Hier hat sie auch ihre ersten Schritte in der Kirche und im Glauben gemacht. Ihre Mutter, damals Presbyterin in Welper, hat sie und ihre Schwester schon als kleine Mädchen in die Kirche mitgenommen. „Mit drei Jahren war ich das erste Mal in einem Gottesdienst“, erinnert sie sich. Kindergottesdienste, Kinderbibeltage, Kinderarche – „so bin ich früh in den Glauben hineingewachsen.“ Mit zwölf Jahren gehört sie dann zum Team für die Kinder- und Jugendarbeit der Gemeinde, macht Fortbildungen ähnlich der Juleica mit. Sie gerät ins Schwärmen, wenn sie von einem weiteren Erlebnis aus dieser Zeit berichtet: Sie singt bei der Creativen Kirche im Musical „Joseph – ein cooler Träumer“ mit und spielt eine Karawanenführerin. Musik, Kostüme und die Atmosphäre lässt sie bei der Zuhörerin lebendig werden.
Als Konfirmandin ist sie Teamerin für die Kinderkirche, macht beim „4K“ (für Konfis) mit, einem Konficamp mit rund 200 Jugendlichen aus sechs Gemeinden des Kirchenkreises Hattingen-Witten. Ziel ist Tönning an der Nordsee und Stephanie Höhner war fünf Mal dabei. „Es war total toll, mitzumachen“, sagt sie. „Wir Teamer durften eigenverantwortlich Aufgaben übernehmen“, freut sie sich noch heute darüber, was die Leitung den jungen Ehrenamtlichen damals zugetraut hat.

Gute Voraussetzungen also, um sich für den Pfarrberuf zu entscheiden? Ihr damaliger Pfarrer bringt den Beruf in der Oberstufe ins Spiel mit der Frage: „Willst du nicht Theologie studieren?“ Sie informiert sich, nimmt an der Abi-Tagung der Evangelischen Kirche von Westfalen (EKvW) in Haus Salem, Bethel, teil. Dort lernt sie zwei weitere Interessenten kennen, mit denen sie tatsächlich in Münster zusammen Theologie studiert. Eine enge Freundschaft verbindet die Drei bis heute. Den letzten Kick für den Weg in den Beruf aber gibt die Schüler-Uni an der Ruhr-Universität in Bochum: „Die Vorlesungen bei Professor Strohm haben mich endgültig überzeugt, dass ich das machen will.“
 
Und so startet sie mit dem Studium der Evangelischen Theologie in Münster, geht nach sechs Semestern nach Heidenberg – auch weil Professor Christoph Strohm inzwischen dort lehrt. 2012 kehrt sie nach Münster zurück, um in der westfälischen Landeskirche ihr Examen zu machen. Nach dem Vikariat in Bochum-Wiemelhausen bei Pfarrerin Dr. Ellen Strathmann-von Soosten verbringt sie das Reformationsjahr 2017 im Sondervikariat in Wittenberg am Zentrum für evangelische Predigtkultur. Diese Zeit erlebt sie als besonders inspirierende: „Das hat alles Vorherige getoppt, es war prägend.“ Sie darf die eineinhalb Jahre zur intensiven Fortbildung nutzen, denn Pfarrerin Höhner kann an allen Veranstaltungen teilnehmen, die dort angeboten werden. Und: „Die Stadt war so lebendig im Reformationssommer.“

Neben dem intensiven Erleben des Reformationsjahres in der Stadt der 95 Thesen arbeitet sie an dem Thema „Konfessionslosigkeit“. Außerdem taucht sie ein in eine Stadt, in der an manchen Stellen noch die alte DDR aufblitzt. Stephanie Höhner war drei Jahre alt, als die Mauer fiel. In Wittenberg erkennt sie deutlich, was das Geschehen um den 9. November 1989 damals und heute noch bedeutet. Sie lernt, dass die Freiheit, die die evangelische Kirche vermittelt, die Freiheit der Menschen im so genannten Westen „eben nicht selbstverständlich ist – und schon gar nicht im DDR-Alltag normal war.“ Sie beschäftigt sich auch mit der Kirche in der DDR und mit der DDR selbst – kommt beim Thema Konfessionslosigkeit daran nicht vorbei. Sie erkennt: „Auch wenn die DDR-Opposition sich in Kirchen traf, so heißt das eben nicht, dass alle Oppositionelle Christen waren.“ Das Thema wird sie weiterhin begleiten.

Auch hier im ostwestfälischen Wiedenbrück. Nach dem eher anonymen Leben in Wittenberg nimmt sie die Versöhnungsgemeinde fast wie eine Familie wahr – man kennt sich und man kennt die Pfarrerin. Eine gute Startposition, denkt sie, um als Gemeinde im Leben der Stadt und in der Welt sichtbar zu sein: „Menschen haben sehr ähnlich Fragen an das Leben, egal ob sie Christen sind oder nicht.“ Christinnen und Christen fühlten sich anders getragen, sagt sie, und könnten daher rausgehen, hin zu den anderen. „Wir bringen zuerst Zuspruch mit, nicht Anspruch“, betont Stephanie Höhner. In der Bergpredigt habe Jesus seinen Zuhörerinnen und Zuhörer auch zunächst von Gott und seiner Verheißung erzählt, bevor er sie zurück an ihre jeweiligen Lebensorte geschickt hat.

Neben der Entlastung für Pfarrer Marco Beuermann, der Arbeit mit den Lektorinnen und Lektoren, den Gottesdiensten am Sonntag, für Senioren oder den Beerdigungen und Taufen, hat sie eine Aufgabe auf kreiskirchlicher Ebene übernommen: Sie bündelt die Vorbereitungen für die Teilnahme des Kirchenkreises am Deutschen Evangelischen Kirchentag in Dortmund 2019: Kirchentage finden mitten Leben einer Großstadt statt, erzählen in den vielen Veranstaltungen von Gott und seiner Verheißung und ermutigen Teilnehmende aller Konfessionen und Denkrichtungen für den Alltag – Stephanie Höhner wird hier an dem Thema weiterarbeiten, das sie so fasziniert. (fra)