Wo schwarze Schafe willkommen sind

Projektgruppe des CVJM Gütersloh berichtete über Erfahrungen mit „fresh expressions of church“

Rebecca Wilson (v.l.) überreichte Superintendent Christian Heine-Göttelmann eine Dokumentation über die „fresh expressions“. Foto: Kerstin Jacobsen

Gütersloh. Was tun, wenn Kirchengemeinden schrumpfen und kirchliche Strukturen auseinanderbrechen? Wie kann die Kirche auch denen Heimat bieten, die mit ihrer traditionellen Form nichts anfangen können? Diesen Fragen hat sich der CVJM Gütersloh e.V. gestellt. Im Rahmen einer – vom Evangelischen Kirchenkreis Gütersloh finanzierten - Studienfahrt hat eine Gruppe von 20 jungen Erwachsenen in England sieben „fresh expressions of church“ kennengelernt. Vor einem hoch interessierten Publikum berichteten sie im Gütersloher CVJM-Haus von ihren Erfahrungen.

 

„Auch wenn es fast ein Jahr her ist, wir sind noch immer begeistert von den motivierten und inspirierten Menschen, die wir getroffen haben“, so CVJM-Mitarbeiterin Birgit Hötte-Janke. „Für sie ist es selbstverständlich, ihren Glauben an andere weiterzugeben. Das ist hier Deutschland anders.“ Die englischen „fresh expressions“ (deutsch: „frische Ausdrucksformen“) fragte nach den Bedürfnissen von Menschen vor Ort, die in herkömmlichen Kirchengemeinden nicht auftauchen.

 

Etwa die „Divine Divas“ in Tadcaster. „Von ihnen haben wir gelernt, dass Bauchtanz und Glauben sich nicht ausschließen“, erzählte Kirsten Förste. „Mit ganz auf Frauen ausgerichteten Themen und Veranstaltungen laden sie Frauen zum Glauben ein.“ Besonders Menschen, die sonst nicht recht in die Gesellschaft passen, seien im „Order of the black Sheep“ in Chesterfield willkommen. Gerrit Barembruch stellte die Gemeinde vor, die ein Pfarrer insbesondere für Fans der Metal-Szene gegründet hat: „Die Räume sind total cool und mit viel Liebe zum Detail eingerichtet. Wir haben gleich gespürt, dass wir hier willkommen sind.“

 

An Jugendliche richtet sich „re:generation“ in einem Londoner Vorort. „Die haben ihr Gemeindehaus nach und nach in ein Jugendhaus umgewandelt“, berichtete Dennis Müller. Ziel sei es Jugendliche zu unterstützen, eine persönliche Beziehung zu Gott aufzubauen. Dabei spiele Musik sowie gemeinsames Kochen und Essen eine wichtige Rolle: „Gemeinde geht durch den Magen.“

 

Allen „fresh expressions“-Gemeinden sei gemeinsam: Im Mittelpunkt steht der persönliche Glaube an Gott sowie die Gemeinschaft untereinander. „Die Anglikanische Kirche unterstützt diese Pluralität von innovativen Gemeindeformen ausdrücklich“, betonte Florian Karcher, Dozent am CVJM-Kolleg in Kassel. „Schließlich will sie Kirche für die ganze Nation sein.“ Und Birgit Hötte-Janke ergänzte: „Die klassischen Ortsgemeinden gibt es aber weiterhin.“

 

Das Erlebte hat die CVJMler ins Nachdenken gebracht. „Wir machen hier sei Jahren tolle Jugendarbeit“, so Dennis Müller. „Aber kirchliche Angebote für Leute wie mich - ich bin jetzt 26 – gibt es kaum. Also haben wir beschlossen: Wir probieren etwas Neues aus.“ Herausgekommen ist „Workout re:loaded“: Jeden Sonntag um 18 Uhr feiern junge und jung gebliebene Leute im CVJM-Haus einen unkonventionellen Gottesdienst mit viel Musik, freier Predigt und Gebeten, Austausch in Kleingruppen und gemeinsamem Essen. „Wenn mich früher jemand gefragt hat: ‚Wer ist deine Gemeinde?’, wusste ich keine rechte Antwort“, bekannte Maren Förste. „Das hat sich geändert.“

 

Ihre Erfahrungen hat die Gruppe in einer Dokumentation zusammengefasst, die CVJM-Honorarkraft Rebecca Wilson Superintendent Christian Heine-Göttelmann überreichte. Der zeigte sich begeistert: „Toll, dass die Fahrt so viele inspiriert hat! Ich bin gespannt, wie es weitergeht.“ Gerne blieb Heine-Göttelmann noch zum „Workout re:loaded“.

kj