„Wovon wir nicht schweigen können“

Prof. Dr. Rolf Wischnath sprach in der Apostelkirche über den christlichen Glauben

Professor Dr. Rolf Wischnath sprach über den Glauben. Foto: Kerstin Jacobsen

Gütersloh. „Wie kommen wir zum Glauben? Woran glauben Christen überhaupt?“ Diese Fragen lockten zu Beginn der Passionszeit über 90 Interessierte in die Apostelkirche. Konzentriert lauschten sie Professor Dr. Rolf Wischnath, der auf Einladung des Fördervereins Historische Kirchen im Stadtzentrum Gütersloh sprach.

 

„Glauben Christen an die Bibel? Nein, sondern an den, den die Bibel bezeugt!“ Mit Hilfe der Erzählung über die Begegnung der Maria mit dem auferstandenen Christus (Johannes, 20,11-18) verdeutlichte Wischnath, wie Glaube entsteht: Nicht die Erinnerung an Jesus, nicht das leere Grab, nicht einmal die Begegnung mit dem Auferstandenen – den sie fälschlich für den Gärtner hält – führe Maria zum Glauben. Erst als dieser sie beim Namen nennt, hört sie ihn und glaubt „einfach so“. Der auferstandene Jesus Christus selbst schaffe den Glauben. Dass dieser geschenkt ist, dass wir Menschen hierbei nichts selbst leisten, entscheiden oder annehmen, sei schwer zu begreifen. Gelte doch „Was nix‘ kost‘, is‘ nix‘“ als westfälische Lebensweisheit.

 

Auch mit jenen Menschen, die „keinen Zugang zum Glauben haben“, wisse der Auferstandene seinen Weg. Niemand, so mahnte Wischnath, sei „so ungläubig, dass ich ihn mit irgendeiner Form von Gewalt bekämpfen dürfte.“ Schließlich klinge „auch unser Glaube oft matt und angefochten“. Erst wenn der Auferstandene selbst wiederkomme und seine Verheißung erfülle, könnten Christen ausrufen: „Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat“ (1. Johannes 5,4).

 

Woran Christen glauben, entfaltete Wischnath anhand von Thesen. Das Geschenk des Glaubens befähige zu „einem Leben, in dem die Hoffnung größer ist als die Angst.“ Jesu Leben, Tod und Auferstehung sei „Gottes Liebeserklärung an die Welt“. Gottes Geist mache frei, Schuld zu bekennen, um Vergebung zu bitten und Verantwortung für sich und andere zu übernehmen. Gottes Liebe trage über den Tod hinaus, auch durch Krisen und Leid. Christen erwarteten „die neue Welt Gottes und mit ihr die Antwort auf ungelöste Fragen.“ Dieser Aspekt war Wischnath besonders wichtig, denn „es gibt so viel Grässliches in unserer Welt – das kann und will ich nicht erklären.“

 

Auch dies schärfte Wischnath seinen Zuhörerinnen und Zuhörern ein: „Christen sind angewiesen auf die Gemeinschaft der Kirche.“ Er erinnerte an den großen reformierten Theologen Karl Barth. Der schrieb schon vor einem halben Jahrhundert, die christliche Gemeinde müsse damit rechnen, „immer eine kleine Minderheit zu sein“. Da es aber keine Menschen gebe, die unmöglich Christ werden könnte, „muss die Gemeinde Mission treiben“. Und an den Schluss stellte Wischnath das Jesuswort: „Wer Ohren hat zu hören, der höre!“ Ohren hätten freilich alle Gläubigen wie „die anderen auch“. „Warum sollten wir da nicht mit ihnen reden wollen über das, was wir glauben und wovon wir nicht schweigen können?“

 

Nach einer guten Stunde konzentrierten Zuhörens dankte Veranstalter Ullrich Felcher dem Referenten und entließ die Gäste ohne anschließende Diskussion nach Hause. Schade, hier hätte sich ein spannendes Gespräch ergeben können. Doch – so stellte Felchner in Aussicht - im Herbst könnte es heißen: „Wie können wir heute den Glauben weitergeben?“
kj