Gütersloh. „Sie wollen sich kirchlich trauen lassen?“, fragt die Pfarrerin die junge Frau, die mit einer älteren Dame im Schlepptau auf sie zukommt. „Nicht ich“, lacht sie und zeigt auf ihre Begleiterin, „sondern meine Mutter!“ Die nickt nachdrücklich. „Als wir vor vierzig Jahren standesamtlich geheiratet haben, hatten wir überhaupt kein Geld“, erzählt sie. „Außerdem war ich schon ziemlich schwanger…“ Doch jetzt wird die kirchliche Trauung nachgeholt - zusammen mit den Kindern und Enkeln des Brautpaares.
Wie jeden Januar war wieder Hochzeitsmesse in der Stadthalle Gütersloh. Mit ein paar Ausstellern weniger als in den Jahren zuvor, vielleicht auch mit etwas weniger Besuchern. Der ökumenische Kirchenstand vor dem Messecafé war dennoch gut besucht. Viele der Heiratswilligen ließen sich auf ein Gespräch darüber ein, was für eine gelingende Partnerschaft wichtig ist, zogen Trausprüche aus einem Korb oder ließen sich erklären, wie sie ihren Traugottesdienst individuell gestalten können. Dabei waren überraschend viele Paare gereifteren Alters. Sie haben sich meist sehr bewusst für die kirchliche Trauung entschieden.
Ein Zeitungsredakteur wunderte sich, dass die Kirchen bei einer Konsummesse mitmachen. „Seid Ihr das erste Mal dabei?“, fragte er und wollte auch gleich wissen, warum die Kirche jetzt um Brautpaare wirbt. „Wir gehen dahin, wo die Menschen sind“, so die kreiskirchliche Öffentlichkeitsreferentin Kerstin Jacobsen. „Viele Paare haben Fragen, die sie sich ihrem Gemeindepfarrer nicht zu stellen trauen“, sagte sie. „Uns gegenüber ist die Hemmschwelle viel niedriger.“ Jacobsen betreut den Stand zum elften Mal. Die Pfarrerinnen Erika Engelbrecht und Wiebke Heine sowie Pfarrer Reinhard Kölsch unterstützten sie. Auch Hans-Georg Meyer vom evangelischen Gemeindebüro Gütersloh und seine Kollegin Manuela Grunert machten mit. Karin Schütz –eigentlich längst im Ruhestand – hat ebenso Freude am Gespräch mit den Paaren.
„Nach der letzten Messe hatten wir viel mehr Trauanmeldungen als sonst“, berichtet Hans-Georg Meyer. „Auch in diesem Jahr sind es schon einige.“ Für ihn steht fest: „Nächstes Mal bin ich wieder dabei.“
kj