Zwischen den Menschen sein

Pfarrer Eckehard Biermann beginnt seinen Ruhestand zuversichtlich

Eckehard Biermann Foto: privat

Rheda-Wiedenbrück. Wenn er sich fragt, „Was ist jetzt dran?“, guckt Pfarrer Eckehard Biermann neugierig und zuversichtlich in die Zukunft. Im Juni beginnt nach fast 38 Jahren im Pfarrdienst sein Ruhestand. Dieser Wechsel, so empfindet er es, unterscheidet sich von Wechseln in eine neue Gemeinde. Und er hat einige Ortswechsel hinter sich. 

Aufgewachsen ist er in der Senne, wo seine Frau Elisabeth Biermann und er nun wieder in seinem Elternhaus wohnen. Hier ist er in den Kindergarten, die Grundschule gegangen, hat in der Gemeinde im Posaunenchor gespielt. „Dass ich Pastor geworden bin, hat ganz viel mit dieser Gemeinde in Senne I zu tun“, erinnert sich Biermann. Seine Mutter ging mit ihm in der Adventszeit 1967 zur Buschkampkreuzung, auf der der Posaunenchor an den Adventssonntagen um 7.00 Uhr morgens Adventslieder spielte. „Meine ‚Karriere‘ als Pastor hat auf der Buschkampkreuzung begonnen“, erzählt er seitdem. 

Von der Senne aus ging er zum Studium der Theologie nach Bethel und Heidelberg. Das Vikariat absolvierte er in Dortmund, denn: „Ins Ruhrgebiet wollte ich schon seit meiner Kinderzeit.“ Seine erste Pfarrstelle hatte Eckehard Biermann in Oer-Erkenschwick inne. Dann führte sein Weg ihn für sechs Jahre in ein Auslandspfarramt in Finnland, Reisen zu den Gemeindegruppen im ganzen Land gehörten dort zum Alltag. Danach verbrachte die Familie 18 Jahre in Gelsenkirchen. Seit 2016 ist er als Pfarrer mit Vertretungsaufgaben wieder in OWL, zunächst einige Monate im Kirchenkreis Bielefeld, dann im Kirchenkreis Gütersloh. Zugleich ist seine Frau Elisabeth Biermann Pfarrerin in der JVA Bielefeld-Senne im offenen Strafvollzug. 

„Alle Wege bin ich nicht allein gegangen, sondern mit meiner Frau Elisabeth. In Finnland sind unsere Töchter Louise und Anna-Lena zur Welt gekommen.“ Seine Frau und er sind an jedem Ort, an dem sie gelebt haben, Mitglieder in einem Posaunenchor gewesen. „So wuchsen wir immer schnell in die jeweilige Gemeinde hinein.“

Seine Zeit im Evangelischen Kirchenkreis Gütersloh ist ebenfalls geprägt von Reisetätigkeit, in vielen Gemeinden übernimmt er Vertretungen, hilft aus, wo personelle Engpässe entstehen. Neben Sennestadt ist er in Verl und Ummeln. In Wadersloh begleitet er als Pfarrer im Pastoralen Dienst im Übergang (PDÜ) die Entstehung einer Gemeindekonzeption, strukturelle Veränderungen und die Vernetzung der Gemeinden in der Westregion. Oelde, Senne-Emmaus, Isselhorst, Friedrichsdorf, Avenwedde Bhf., Rietberg sind weitere Stationen. Die Station vor dem Eintritt in den Ruhestand ist die Versöhnungs-Kirchengemeinde in Rheda-Wiedenbrück, von wo aus er am 30. Mai aus dem Dienst entpflichtet wird. 

Mit dem Wort „Reisedienst“ beschreibt er seine Tätigkeit an allen Orten. „Kirche ereignet sich auf der Straße“, betont er immer wieder. Für ihn ereignet sich Kirche unterwegs, mitten im Leben, zwischen den Menschen und bietet doch ein Zuhause. Er ist dankbar, gesund, munter und fröhlich den Ruhestand zu beginnen. Er weiß, dass das nicht selbstverständlich ist. Zumal der Pfarrdienst viele Facetten hat: „Dienst in der Gemeinde ist faszinierend, manchmal ärgerlich, manchmal anstrengend. Aber Gemeinde trägt einen auch immer, sie bietet Halt und Freiräume.“

Die Freiräume hat er ausführlich erkundet und genutzt – zum Wohle der Menschen. Diese Freiräume zu erkennen und zu gestalten – so stellt er sich Kirche in Zukunft vor. „Kirche muss sich immer wieder verändern, kann und darf sich immer wieder erneuern.“ Das lehre nicht nur, aber auch die Corona-Zeit. Neben allen Einschränkungen brachte sie die Gemeinden auch dazu, viel Neues auszuprobieren – zum Beispiel Sofa-Gottesdienste, Zoom-Konferenzen, Aufzeichnungen bei YouTube oder vermehrt Freiluftgottesdienste und „Offene Kirchen“. „Man muss mutig, umsichtig, leidenschaftlich und pragmatisch sein“, betont er. Dabei habe er immer geschätzt, in der Gemeinde Orientierung zu finden, bei Ortswechseln neue Schwerpunkte setzen zu können oder um Inhalte zu ringen. Theologie zu treiben und zu leben sowie den Verkündigungsauftrag von Kirche in der Welt im Blick zu behalten, empfand er als seinen Auftrag. 

„Der Beruf hat mir viel Spaß gemacht“, aber jetzt freut Eckehard Biermann sich darauf, nicht mehr so sehr nach dem Terminkalender leben zu müssen. Was er im Ruhestand machen will, ist für ihn offen. Ideen hat er: Haushalt und Garten, Wandern, Fahrrad, Zug und Straßenbahn fahren, was Praktisches machen, Tenorhorn spielen. Und dann sagt er, dass auch dazugehört, „den Weg der Kirche weiter begleiten, denn sie soll sich weiter verändern, das Wort Gottes fröhlich in die Welt tragen und sich nicht entmutigen lassen.“         fra